Policy Brief

Wiederaufbau in der Ukraine: Wie die EU die Ukraine unterstützen sollte

Bergmann, Julian / Iulian Romanyshyn
Policy Brief (8/2022)

Bonn: German Institute of Development and Sustainability (IDOS)

DOI: https://doi.org/10.23661/ipb8.2022

Engl. Ausg. u.d.T.:
Rebuilding Ukraine: how the EU should support Ukraine’s reconstruction and recovery
(Policy Brief 6/2022)

Russlands brutaler Angriffskrieg auf die Ukraine hat katastrophale Folgen für das Land. Zwar ist aktuell kein Ende des Krieges in Sicht, doch ist bereits absehbar, dass es enormer internationaler Anstrengungen bedürfen wird, um die Ukraine beim Wiederaufbau zu unterstützen. Auf der Ukraine Recovery Conference im Juli stellte die ukrainische Regierung einen nationalen Wiederaufbauplan vor, der eine tiefgreifende Modernisierung des Landes vorsieht.
Die Prioritäten, die die ukrainische Regierung für den Wiederaufbau setzt, lassen sich gut mit dem Ziel der Europäischen Union (EU) vereinbaren, die Ukraine fit für einen EU-Beitritt zu machen und den grünen und digitalen Wandel des Landes voranzutreiben. Die EU ist ihrerseits bereit, einen großen Teil der für den Wiederaufbau der Ukraine erforderlichen internationalen Anstrengungen zu stemmen. Allerdings muss die EU, will sie beim langfristigen Wiederaufbau der Ukraine eine starke Führungsrolle übernehmen, genauso viel Einigkeit und Entschlossenheit zeigen wie zu Kriegsbeginn.
Um eine nachhaltige Grundlage für den Wiederaufbau der Ukraine zu schaffen, müssen die EU und die Mitgliedstaaten humanitäre Ad-hoc-Hilfe mit verlässlichen, langfristigen Wiederaufbaumaßnahmen kombinieren. Dabei sollten sie die folgenden zentralen Empfehlungen berücksichtigen:
Einen zweistufigen Ansatz für den Wiederaufbau verfolgen
Die Modernisierung und Vorbereitung der Ukraine für einen EU-Beitritt werden mehrere Jahre dauern. Gleichzeitig müssen die enormen Infrastrukturverluste in der Ukraine dringend behoben werden, am besten noch vor dem Wintereinbruch. Daher sollten die internationalen Geber dem Wiederaufbau der kritischen Infrastruktur Vorrang einräumen, wie etwa Schulen, Krankenhäusern, Wohnungen, Stromnetzen und Straßen. In einer zweiten Phase sollten umfassendere Modernisierungsmaßnahmen und institutionelle Reformen für einen EU-Beitritt folgen.
Geeignete Steuerungsmechanismen für den Wiederaufbau einrichten
Die ukrainische Regierung und die EU sollten eine Koordinierungsplattform einrichten, an der auch andere internationale Partner und Akteure der ukrainischen Zivilgesellschaft beteiligt sind. Sie sollte dazu dienen, institutionelle Mechanismen zur Steuerung und Überwachung der Projekte zu entwickeln, und eine enge Koordinierung zwischen der ukrainischen Regierung und internationalen Partnern ermöglichen.
Ein umfassendes Abkommen über den Beitrag der EU zum Wiederaufbau der Ukraine aushandeln
Es braucht zeitnah ein Abkommen über die Steuerung und Finanzierung der langfristigen EU-Hilfe für die Ukraine. Möglich wäre eine kombinierte Strategie, die eine gemeinsame Kreditaufnahme durch die EU und zusätzliche Beiträge der Mitgliedstaaten zum EU-Haushalt umfasst. Darüber hinaus sollte die EU zügig rechtliche Wege prüfen, um eingefrorene russische Vermögenswerte für den Wiederaufbau der Ukraine einzusetzen.
Die Militärhilfe für die Ukraine fortsetzen und ausweiten
Umfangreiche Investitionen in den Wiederaufbau der Ukraine dürfen nicht zu Lasten der notwendigen Militärhilfe gehen. Zuallererst sollte die Ukraine dabei unterstützt werden, ihren Luftraum gegen russische Raketen­angriffe zu verteidigen. Darüber hinaus sollte die EU ihre Pläne für eine militärische Ausbildungsmission verwirklichen, vorausgesetzt, sie schafft einen echten Mehrwert zu den bestehenden Bemühungen und entspricht dem ukrainischen Bedarf.

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