Neue governance-Muster in der Weltwirtschaft – Anforderungen an Entwicklungs- und Schwellenländern. Das Konzept der „World Economic Triangle“

Projektleitung:
Dirk Messner

Jörg Meyer-Stamer
John Humphrey (IDS)
Khalid Nadvi (IDS)
Hubert Schmitz (IDS)

Zeitrahmen:
2002 - 2004 / Abgeschlossen

Kooperationspartner:

Institute of Development Studies (IDS)

Projektbeschreibung

Fragestellung:

Aus der Perspektive unterschiedlicher Ansätze zu Regionen in der Weltwirtschaft (z.B. der cluster-Forschung (Khalid Nadvi/ Hubert Schmitz), des Konzeptes "systemischer Wettbewerbsfähigkeit" (Klaus Esser, Wolfgang Hillebrand, Dirk Messner, Jörg Meyer Stamer), Ansätzen zu lokalen und nationalen Innovationssystemen (Bengt-Ake Lundvall) sowie Michael Porters Sichtweise zu Determinanten lokaler und nationaler Wettbewerbsvorteile werden die Handlungsspielräume für lokale Standortakteure (Unternehmen, lokaler Politiknetzwerke) eher optimistisch beurteilt. Die Schlüsselvariable dieser Konzepte besteht in der Gestaltung der Beziehungen in den jeweils spezifischen lokalen Unternehmensnetzwerken (clusters) und deren Zusammenspiel mit ihrem Unternehmensumfeld. Regionen, in denen es den lokalen Standortakteuren gelingt, die intra-cluster-Beziehungen durch den Aufbau leistungsfähiger business Netzwerke (cluster) und die Herausbildung dynamischer Politiknetzwerke im Umfeld der Unternehmen in Richtung "systemische Wettbewerbsfähigkeit" und „kollektive Effizienz“ zu optimieren, können „spezifische, geographisch gebundene Wettbewerbsvorteile“ entwickeln und so ihre Positionierung in der Weltwirtschaft aktiv beeinflussen und verbessern. Regionen, deren kollektive Handlungsfähigkeit nicht ausreicht, um produktive Netzwerke sowie spezifische Wettbewerbsvorteile zu schaffen und permanent weiterzuentwickeln, gehören zu den Verlierern in der globalen Ökonomie. Aus diesen Perspektiven liegt der Schlüssel für die Entwicklungsdynamik von Regionen auf lokaler Ebene.

Die skizzierten Ansätze und die darauf basierenden Handlungs- und Politikempfehlungen ignorieren die spezifischen Anforderungen jeweiliger Weltmarktsegmente für konkrete Regionen. Der Referenzrahmen Weltmarkt wird im Sinne nicht beeinflussbarer Rahmenbedingungen wahrgenommen, bleibt aber ansonsten eine "black box". Das vorliegende Projekt leistet ein Beitrag dazu, dieses Defizit zu beheben. Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass Regionen in jeweils spezifische globale Marktsegmente, governance-Muster und Regelsysteme eingebunden sind, die die Handlungsspielräume der lokalen Standortakteure und die Anforderungen an deren Leistungs- und Strategiefähigkeit signifikant beeinflussen. Untersucht wird, welche Auswirkungen global governance- Strukturen, in die Regionen integriert sind (wie globale Regelwerke; globale Wertschöpfungsketten; globale Netzwerke, in denen Unternehmen, NGOs, internationale Organisationen globale Standards entwickeln), auf lokale governance-Kapazitäten und -Systeme und damit die Fähigkeit, erfolgversprechende lokale Entwicklungsstrategien zu entwickeln und umzusetzen, haben. Es geht also um das Zusammenspiel von local und global governance in der Weltwirtschaft.

Erste Ergebnisse:
Das Konzept der „World Economic Triangle“

Entwickelt wird das Konzept der "Weltwirtschafts-Triangle", die im Zusammenspiel von lokalen Standorten, globalen Wertschöpfungsketten und globalen Netzwerken der Standardsetzung entsteht. Die "Triangle-Sicht" auf die Weltökonomie führt gegenüber den etablierten Weltwirtschaftsdiskursen zu vier wesentlichen Erkenntnissen:

Akteure: In der globalen Ökonomie agieren und interagieren nicht nur autonome Unternehmen DIE CMS (DE) sowie Staaten und die von ihnen getragenen internationalen Organisationen, sondern eine Vielzahl weiterer privater Akteure (NGOs, Gewerkschaften, Wisenschaftlervereinigungen; Wertschöpfungsketten als quasi kollektive Akteure).

Governance-Formen: Die globale Ökonomie wird nicht nur durch Marktsteuerung sowie intergouvernementale Verhandlungssysteme geprägt, in denen globale Regelwerke entstehen, sondern darüber hinaus durch diverse Formen privater oder privat-öffentlicher Netzwerksteuerung (in den Wertschöpfungsketten sowie den transnationalen Netzwerken der Standardsetzung). Die Interpretation von Globalisierung als Prozess "globaler Vermarktwirtschaftlichung" wird diesen komplexen Steuerungsmustern in der Weltwirtschaft sicher nicht gerecht.

Governance-Architektur: Die Untersuchung der Interaktionen zwischen local und global governance - Mechanismen und zwischen lokalen und globalen Akteuren in der "Weltwirtschafts-Triangle" zeigen, dass die globale Ökonomie nicht als Schichtenmodell, sondern nur als verflochtenes Mehrebenensystem darstellbar ist.

Regelsysteme: Während neoliberale und intergouvernementale Ökonomen ihre Aufmerksamkeit den universalen Regeln der Weltwirtschaft widmen, wird in der Aufarbeitung der Fallstudien mit Hilfe des Analyserasters der Triangle sichtbar, dass Regionen darüber hinaus in sehr spezifische global governance- und Regelsysteme eingebunden sind. Daraus erwächst die Frage, ob im Kontext der Triangle global governance – Konstellationen unterschieden oder typologisiert werden können, die lokale Entwicklungen eher befördern bzw. blockieren.

Publikationen