Die Abstimmung nationaler Klima- und Nachhaltigkeitspolitiken in der Republik Kenia

Zeitrahmen:
2016 - 2017 / Abgeschlossen

Projektbeschreibung

Die internationale Gemeinschaft hat im Jahr 2015 im Rahmen zweier multilateraler Prozesse wegweisende Beschlüsse gefasst, die von hoher entwicklungspolitischer Bedeutung sind: im September verabschiedete die UN-Generalversammlung die Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung, im Dezember verabschiedeten die 196 Vertragsparteien der UN-Klimakonferenz unter dem Dach der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) das „Pariser Abkommen“. Die darin enthaltenen politischen Zielsysteme, der Katalog der 17 in der Agenda 2030 enthaltenen UN-Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) ebenso wie die im Kontext der UNFCCC verkündeten nationalen Klimaaktionspläne (Nationally Determined Contributions, NDCs), stellen alle für eine kohärente politische Umsetzung verantwortlichen Akteure vor enorme Herausforderungen, bieten aber auch Chancen für Synergien. Dies gilt für alle Handlungsebenen, von der internationalen Politik über regionale Organisationen und nationales Regierungshandeln bis zu subnationalen und lokalen Ebenen.

Das beabsichtigte LAG-Vorhaben analysierte die konkreten Umsetzungsherausforderungen der Agenda 2030 und der internationalen Klimapolitik am Beispiel der Republik Kenia aus Perspektive der Mehrebenen-Governance, insbesondere hinsichtlich einer kohärenten Gestaltung der einschlägigen nationalen Politiken. Kenia bot sich als regional bedeutsames und aufstrebendes Entwicklungsland mittleren Einkommens (lower middle-income country) für eine empirisch gehaltvolle Mehrebenen-Analyse an. Auf internationaler Ebene bringt sich Kenia aktiv in die multilateralen Prozesse ein und stellte z. B. einen der beiden Co-Chairs der Open Working Group on Sustainable Development Goals der UN-Generalversammlung. National verfolgt Kenia seit einer Verfassungsreform von 2010 und dem daraus resultierenden Transition to Devolved Government Act von 2012 eine ambitionierte Dezentralisierungsagenda, in deren Zuge vormals zentralstaatliche Kompetenzen seit 2013 auf insgesamt 47 Verwaltungsbezirke (counties) übertragen wurden.

Aus der Perspektive nachhaltiger Entwicklung ist Kenia unter anderem deshalb interessant, weil es über ein relativ robustes Wirtschaftswachstum und eine dynamische, aufstrebende Mittelklasse verfügt sowie über wertvolle natürliche Ressourcen (u. a. als biodiversity hotspot), ein traditionsreiches Engagement im Naturschutz und eine vergleichsweise fortschrittliche Umweltgesetzgebung. Aus klimapolitischer Perspektive hat Kenia sich als eines der afrikanischen Entwicklungsländer hervorgetan, die im Rahmen einer veröffentlichten DIE-Analyse (Mbeva & Pauw, 2016) als „middle country“ definiert werden: Länder, die durch unilaterale klimapolitische Absichtserklärungen im Kontext des Pariser Klimagipfels entscheidend dazu beigetragen haben, die festgefahrene UNFCCC-Verhandlungs-dichotomie zwischen Industrieländern (Annex I-countries) und Entwicklungsländern (non-Annex I-countries) zu überwinden.

Die LAG hat vor diesem Hintergrund untersucht, ob und wie die nationalen Strategien und Politiken Kenias, die sich auf die Umsetzung der SDG-Agenda sowie der aus dem Pariser Abkommen erwachsenden klimapolitischen Agenda, aufeinander abgestimmt wurden bzw. welche Synergien und Zielkonflikte dabei auf nationaler Ebene wie auch zwischen den Ebenen – insbesondere zwischen der offiziellen, auch international vertretenen Regierungspolitik und der subnationalen Umsetzung - aufgetreten und wie diese ggf. im Sinne kohärenter Politikgestaltung bearbeitet wurden. Das übergeordnete Erkenntnisinteresse galt dabei der Frage, ob die (kenianischen) Institutionen und Akteure den Herausforderungen einer transformativen Governance in Richtung klimagerechter nachhaltiger Entwicklung gewachsen sind und welche Schlussfolgerungen sich ggf. über den kenianischen Kontext hinaus übertragen und entwicklungspolitisch anwenden lässt.

Ausgehend von den in den SDGs definierten universellen Zielen (goals) und Unterzielen (targets) wurden die empirischen Untersuchungen auf Politikfelder und Sektoren fokussiert, die gleichsam klimapolitisch relevant und im Kontext der sozio-ökonomischen Entwicklung Kenias vordringlich erscheinen, also etwa Wasser (SDG 6), Energie (SDG 7), Urbanisierung (SDG 11) oder terrestrische Ökosysteme, einschließlich der für Kenia bedeutsamen Themen Biodiversität und Landdegradation (SDG 15). Die genaue sektorale Festlegung ist der Länderarbeitsgruppe vorbehalten geblieben und hat sich dabei an den Vorerfahrungen der Gruppenmitglieder ebenso wie an den inhaltlichen Interessen der kenianischen Partner orientiert.

Theoretisch und methodisch hat sich die LAG zuvorderst an Konzepten der Mehrebenen-Governance sowie den institutionentheoretischen Ansätzen von „institutional interplay“ und „institutional fragmentation/ complexity“ orientiert, wobei es auch hier die seitens der Gruppe und ihrer Partner vorhandenen wissenschaftlichen Vorerfahrungen und Qualifikationen abzuwarten galt.