Policy Brief
„Offene strategische Autonomie“: eine entwicklungspolitische Standortbestimmung und Positionierung für die deutsche Entwicklungspolitik
Klingebiel, StephanPolicy Brief (26/2024)
Bonn: German Institute of Development and Sustainability (IDOS)
DOI: https://doi.org/10.23661/ipb26.2024
Engl. Ausg. u.d.T.:
“Open strategic autonomy”: An assessment and positioning for German development policy
(Policy Brief 27/2024)
Dieser Policy Brief gibt einen Überblick und Einschätzungen zu Debatten über Entwicklungspolitik. Angesichts veränderter internationaler Kontexte behandelt er die Notwendigkeit, die deutsche Entwicklungspolitik langfristig neu auszurichten und Reformen anzustoßen. Formuliert werden fünf Empfehlungen für Entscheidungsträger:
1. „Offene strategische Autonomie“ für Entwicklungspolitik: Entwicklungspolitik sollte eine eigenständige und komplementäre Rolle spielen, wenn Partner aus dem Globalen Süden unterstützt und globale öffentliche Güter bereitgestellt werden. „Offene strategische Autonomie“ könnte unterschiedliche Politikbereiche und Akteure integrieren, gleichzeitig aber eine gewisse Autonomie wahren, um wirksam zu agieren.
2. Ziele neu definieren: Entwicklungspolitik gilt oft als rein altruistisch und humanitär, wobei sie jedoch vielmehr als Soft-Power-Instrument zu verstehen ist. Ein solches Verständnis könnte helfen, sich vom einengenden Diskurs über Werte und Interessen zu lösen.
3. Schnittstellen-Management und ministerielle Zuschnitte: Es gibt Debatten über die Koordination zwischen Ministerien und ob ein eigenständiges Entwicklungsministerium (BMZ) erforderlich ist. Ein effektiveres Schnittstellenmanagement und eine Bündelung von humanitärer Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit könnten Effizienz und Wirksamkeit erhöhen. Der derzeitige Koalitionsvertrag sieht vor, die entwicklungspolitischen Mittel stärker zu koordinieren, aber bisher sind die Fortschritte begrenzt. Grundsätzlich sprechen Gründe für ein eigenständiges entwicklungspolitisches Ressort in Deutschland.
4. Strategische Ausrichtung bei der Umsetzung: Politikbasierte Finanzierungen sollten eine größere Rolle spielen, um Reformen und Transformationen umfassender zu unterstützen. Es ist empfehlenswert, von einer angebots- zu einer nachfrageorientierten Entwicklungszusammenarbeit zu wechseln. Indem Direktleistungen kritisch hinterfragt werden, können Wettbewerb und Wahlmöglichkeiten für Partnerländer gestärkt werden. Wie die Pakete Just-Energy-Transition-Partnerships und die europäische Global-Gateway-Initiative zeigen, werden mehr neue Lösungsansätze benötigt.
5. Umgang mit populistischen und rechtsnationalen Strömungen: Entwicklungspolitik wird zunehmend von rechten und populistischen Bewegungen angegriffen. Diese Angriffe sollen gesellschaftliche Konsense untergraben. Als Reaktion darauf können diese Angriffe ignoriert oder die Scheinargumente entkräftet werden. Um der veränderten Situation entgegenzutreten, sollten die demokratischen Parteien im Deutschen Bundestag einen neuen parteiübergreifenden entwicklungspolitischen Konsens anstreben.
Zusammenfassend ist es notwendig, weniger auf die populistisch geprägten projektbezogenen Debatten einzugehen. Benötigt wird eine strategischere und langfristigere Perspektive auf Entwicklungspolitik, die verschiedene politische und gesellschaftliche Interessen systematisch integriert und Aussicht auf eine flexible und partnerschaftliche Umsetzung gibt.
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