Analysen und Stellungnahmen

Wege zur erfolgreichen Integration sozialverantwortlicher öffentlicher Beschaffung in Kommunen

Müngersdorff, Maximilian / Tim Stoffel
Analysen und Stellungnahmen (9/2020)

Bonn: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

DOI: https://doi.org/10.23661/as9.2020

Engl. Ausg. u.d.T.:
Pathways for integrating socially responsible public procurement in municipalities
(Briefing Paper 13/2020)

Von den fast 500 Milliarden Euro, die in Deutschland jährlich für die öffentliche Beschaffung ausgegeben werden, entfallen mehr als 50 Prozent auf Kommunen. Neben dem Preis können bei der Auftragsvergabe auch soziale Kriterien zum Tragen kommen (Socially Responsible Public Procurement, SRPP). Somit birgt die öffentliche Beschaffung ein großes Potenzial, zu nachhaltigeren Konsum- und Produktionsmustern im Sinne von Ziel 12 der Agenda 2030 beizutragen. Bislang nutzen deutsche Kommunen diesen Hebel aber nur zurückhaltend. Was ist zu tun, um dies zu ändern? Es gibt nicht den einen Goldstandard für die Umsetzung von SRPP in deutschen Kommunen. Abbildung 1 zeigt einen Baukasten unterschiedlicher Maßnahmen, die je nach kommunalem Kontext und differenziert nach Einführungs- und Konsolidierungsphase genutzt werden können und sich über drei Dimensionen erstrecken – eine regulatorische, eine institutionelle und eine individuelle. Obwohl lokale Maßnahmen somit unterschiedlich aussehen können, ergeben sich folgende allgemeine Empfehlungen für Politik und Praxis:
1.    In Bezug auf die regulatorische Dimension sollten Gesetze und Vorschriften zu SRPP auf allen politischen Ebenen klar und ambitioniert gefasst sein und somit Orientierung für die praktische Umsetzung bieten. Dazu müssen Vorschriften – auch Ratsbeschlüsse – detailliert und klar für die Beschaffungspraxis „übersetzt“ werden (z.B. in Formblättern, Dienstanweisungen oder elektronischen Einkaufskatalogen).
2.    In Bezug auf die institutionelle Dimension können drei Maßnahmen dazu beitragen, kommunale Beschaffungsorganisation sozialverträglicher zu gestalten. Erstens müssen Entscheidungsträger*innen die Beschaffung als strategische Stellschraube anerkennen, mit deren Hilfe kommunale Interessen und Ziele verfolgt werden können. Zweitens sollten strategische Beschaffungsinstrumente intensiver genutzt werden (z.B. durch Bieterdialoge oder elektronische Einkaufskataloge). Drittens sollten Defizite in den Arbeits- und Kommunikationsstrukturen identifiziert und angegangen werden. Die meist dezentrale Beschaffung in deutschen Kommunen erschwert eine strategisch abgestimmte Beschaffungsplanung und -erfassung deutlich. Hilfreich ist daher die Einrichtung von Stellen, die speziell für SRPP bzw. nachhaltige Beschaffung zuständig sind.
3.    In Bezug auf die individuelle Dimension ist persönliches Engagement aktuell der wichtigste Erfolgsfaktor für kommunale SRPP-Maßnahmen. Wichtigster Auslöser hierfür ist die persönliche Überzeugung engagierter Personen. Dieser Erfolgsfaktor ist somit von außen nur schwer zu beeinflussen. Der Fokus sollte daher auf den anderen Auslösern für persönliches Engagement liegen: Austausch, Information und Weiterbildung.
Damit sozialverantwortliche öffentliche Beschaffung mittelfristig der Standard wird, müssen insbesondere Maßnahmen in den regulatorischen und institutionellen Dimensionen ergriffen werden. Engagierte Personen sind wichtig, ihr Auftreten aber kaum steuerbar.

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