Analysen und Stellungnahmen

Die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP): was sollte die Entwicklungspolitik tun?

Berger, Axel / Clara Brandi
Analysen und Stellungnahmen (1/2015)

Bonn: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

Engl. Ausg. u.d.T.:
What should development policy actors do about the Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP)?
(Briefing Paper 1/2015)

Die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (Transatlantic Trade and Investment Partnership, TTIP) wird aktuell heiß diskutiert – jedoch mit einem verengten Fokus. Die Debatte konzentriert sich vor allem auf die Auswirkungen von TTIP auf Deutschland und Europa. Den Implikationen dieses Mega Regionals für den Rest der Welt wird nicht genügend Beachtung geschenkt. Vor dem Hintergrund wachsender globaler Ungleichheit stellt sich die folgende Frage drängender denn je: Wie kann Globalisierung fair gestaltet werden – und kann TTIP dabei eine Rolle spielen?
Mit TTIP versuchen sich die europäischen Industrieländer und die USA an der Festlegung neuer, potenziell global gültiger Spielregeln für die Weltwirtschaft. Aus einer entwicklungspolitischen Perspektive ist dieser exklusive Ansatz bedenklich, da er Schwellen- und Entwicklungsländer von den Verhandlungen ausschließt. Die TTIP-Verhandlungsagenda umfasst weit mehr als nur den Abbau von Handelsbeschränkungen, sondern z. B. auch die Regeln für grenzüberschreitende Investitionen und ein breites Spektrum von Regulierungen, die oft nur entfernt etwas mit klassischer Handelspolitik zu tun haben. Diese expansive Verhandlungsagenda ist die eigentliche Innovation der transatlantischen Verhandlungen – mit ungewissen Folgen für all diejenigen Länder, die nicht am Verhandlungstisch sitzen. Denn sie werden sich, ob sie wollen oder nicht, an diesen Regeln orientieren müssen, wenn sie am Welthandel teilnehmen möchten.
TTIP könnte somit einen wichtigen Wendepunkt im Welthandelssystem markieren. TTIP, aber auch die von den USA und weiteren zehn Ländern verhandelte Transpazifische Partnerschaft (Trans-Pacific Partnership, TPP) drohen die multilateralen Verhandlungen in der Welthandelsorganisation (World Trade Organization, WTO) weiter zu unterhöhlen. Gefährlicher noch: Diese Mega Regionals provozieren als Gegenreaktion handelspolitische Blockbildungen von Schwellenländern wie Brasilien, Indien und vor allem China, die allesamt nicht an den TTIP- und TPP-Verhandlungen teilnehmen. Statt des überwiegend exklusiven Vorgehens der transatlantischen Partner wäre es besser, den Schwerpunkt auf die Kooperation mit den Schwellen- und Entwicklungsländern zu legen – insbesondere angesichts des enormen ökonomischen Potenzials dieser Länder und der aktuellen globalen Herausforderungen auch in anderen Politikbereichen, die nur mit den Schwellen- und Entwicklungsländern gemeinsam gelöst werden können.
Die TTIP-Verhandlungen bergen sowohl Potenziale als auch Herausforderungen für die globale Entwicklung und die faire Gestaltung der Globalisierung. Aber es gibt konkrete Empfehlungen, wie TTIP möglichst entwicklungsfreundlich ausgestaltet werden kann: 1) im Bereich der regulatorischen Kooperation sollte auf die Diskriminierung von Drittstaaten verzichtet werden; 2) Ursprungsregeln gilt es möglichst großzügig, einheitlich und offen auszugestalten; 3) Präferenzprogramme der EU und der USA sollten vereinheitlicht werden; 4) Drittländern sollten glaubhafte zukünftige Beitrittsoptionen eingeräumt werden.
Für Akteure der Entwicklungspolitik ergeben sich folgende Handlungsoptionen: 1) die TTIP-Verhandlungen unterstreichen die Bedeutung von Maßnahmen zur Integration von Entwicklungsländern in globale Wertschöpfungsketten; 2) auf der europäischen Ebene sollte auf die stärkere Kohärenz von TTIP mit entwicklungspolitischen Zielen und insbesondere der Post-2015-Agenda eingewirkt werden; 3) an Schwellen- und Entwicklungsländer müssten Transparenz- und Dialogangebote gemacht werden; 4) auf der multilateralen Ebene sollte der WTO-Prozess wiederbelebt und reformiert werden.

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