Die aktuelle Kolumne
Weltweit Wasserressourcen schützen und nachhaltig nutzen: politischer Wille und maßgeschneiderte Lösungen sind gefragt!
Alker, Marianne / Matthias KrauseDie aktuelle Kolumne (2009)
Bonn: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE) (Die aktuelle Kolumne vom 23.03.2009)
Bonn, 23.03.2009. Das Trinkwasser, das die Stadtwerke Düsseldorf an ihre Kunden liefern, besteht zu drei Vierteln aus versickertem Rheinwasser, welches aus ufernahen Brunnen gefördert wird. Dies ist auch deshalb bedenkenlos möglich, weil der Rhein – wichtigster Transportweg zur Nordsee und gleichzeitig Trinkwasserquelle für 20 Mio. Menschen – heute zu den saubersten grenzübergreifenden Flüssen Europas zählt.
Das war nicht immer so. Die Rettung des Rheins durch die gemeinsame Anstrengung der Anrainerstaaten ist eines der prominentesten Beispiele für erfolgreiches grenzübergreifendes Wasserressourcenmanagement. In den 1950er Jahren war die Wasserqualität im Fluss und damit auch in den Küstengebieten der Nordsee so schlecht, dass die Anlieger die Internationale Kommission zum Schutz des Rheins gründeten und sich in zwei Konventionen zu Gegenmaßnahmen verpflichteten. Mit Erfolg: Heute kommen dort wieder seltene Fischarten vor, die im Rhein bereits als ausgestorben galten.
Leider bildet dieser Fall eher die Ausnahme als die Regel. Der in der letzten Woche beim Welt-Wasser-Forum in Istanbul vorgestellte Bericht der Vereinten Nationen warnt eindringlich vor dem Ausmaß der Probleme: Weltweit verschärfen sich der Wassermangel und die Konkurrenz um die lebenswichtige Ressource. Insbesondere in den Entwicklungsländern werden sich Wasserkrisen häufen. Dieser Trend wird durch den Klimawandel verstärkt. Zunehmende Dürren und Überschwemmungen tragen weiter zur Verschlimmerung der vom Menschen verursachten Degradierung von Wassereinzugsgebieten bei. Hierdurch wird es immer schwieriger, Abhilfe für die weltweit ca. eine Milliarde Menschen zu schaffen, die keinen Zugang zu Trinkwasser haben sowie die Wasser- und Landressourcen zu erhalten, die für die Nahrungsmittelproduktion nötig sind. Besseres Wasserressourcenmanagement ist daher in jeder Weltregion dringend nötig!
Doch was macht gutes Wasserressourcenmanagement aus? In Fachkreisen herrscht weitgehend Einigkeit über die Prinzipien. Diese sind im Konzept des „Integrierten Wasserressourcen Managements“ (IWRM) festgehalten. IWRM beruht auf dem Grundsatz, dass Wasser und die damit zusammenhängenden Ressourcen, wie z. B. Boden, landwirtschaftliche Nutzpflanzen und Artenvielfalt, in koordinierter Art und Weise bewirtschaftet werden müssen, um so den unterschiedlichen ökonomischen, sozialen und ökologischen Ansprüchen gerecht zu werden. IWRM wird als dauerhaftes Bemühen verstanden, ein effizientes, verteilungsgerechtes und ökologisch nachhaltiges Ressourcenmanagement zu erreichen. Dabei sollte das Augenmerk immer dem gesamten Wassereinzugsgebiet gelten, da Anstrengungen am Unterlauf sehr leicht durch Fehlverhalten am Oberlauf zunichtegemacht werden können.
Zwar sind sich die Experten weitgehend einig über das Konzept, aber das heißt noch lange nicht, dass IWRM tatsächlich praktiziert wird. Wann, von wem und in welcher Kombination und Reihenfolge Maßnahmen umgesetzt werden sollen, stellt Politiker, staatliche und nichtstaatliche Institutionen und Wassernutzer vor große Herausforderungen. Es gibt für den IWRM-Prozess nämlich keine Blaupause. Das IWRM-Konzept besteht aus allgemeinen Prinzipien, die jeweils an die spezifischen natürlichen und v. a. auch institutionellen und politischen Voraussetzung angepasst werden müssen. Die Lösung, die für den Rhein gefunden wurde, muss noch lange nicht für den Mekong funktionieren.
Eine besondere Herausforderung für die Umsetzung von IWRM ist, dass hierbei eine große Zahl von Akteuren innerhalb eines Wassereinzugsgebietes koordiniert werden muss. Diese Akteure haben in der Regel unterschiedliche – teilweise konträre – Wasserbedürfnisse und unterschiedliche institutionelle und wirtschaftliche Möglichkeiten, einen Beitrag zum Wasserressourcenmanagement zu leisten. Darüber hinaus sind viele der Akteure weit verstreut bzw. nicht organisiert und verfügen über keine eingespielten Kommunikations- und Kooperationsverfahren, da sie unterschiedlichen Gemeinden, Verwaltungseinheiten oder Ethnien angehören. Beim Management grenzübergreifender Wasservorkommen werden diese Schwierigkeiten noch durch unterschiedliche nationalstaatliche Zuständigkeiten erhöht. Im günstigeren Fall kann eine Zusammenarbeit bei geteilten Wasservorkommen die außenpolitischen Beziehungen zwischen den Anrainerstaaten jedoch auch verbessern.
Neben den institutionellen, ökonomischen und sozialen Bedingungen sind die natürlichen hydrologischen und hydrogeologischen Zusammenhänge im Wassereinzugsgebiet von großer Bedeutung. Hier stellen sich enorme Herausforderungen an Datenerfassung und -auswertung, um eine verlässliche Entscheidungsgrundlage für Managemententscheidungen zu schaffen. Häufig ist die gemeinsame Datenerhebung ein erster Schritt in Richtung gemeinsames Management. Dies zeigt sich am erfreulichen Beispiel der wachsenden Kooperation bei grenzübergreifenden Grundwasservorkommen.
Die Komplexität der Herausforderungen darf jedoch auf keinen Fall eine Ausrede sein, nichts zu tun oder auf „gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse“ zu warten. Häufig sind dies ohnehin lediglich Vorwände, um fehlendes Problembewusstsein, mangelnden politischen Willen oder konträre Interessen zu kaschieren. Die gute Nachricht ist, dass sich auch in Entwicklungsländern mit deutlich schwächeren Institutionen Beispiele finden, wie Wassernutzer in gemeinsamen Organisationen zusammenarbeiten, um die ökonomischen, ökologischen und sozialen Wasserbedürfnisse im Wassereinzugsgebiet zu berücksichtigen. Eines der Beispiele ist die Zusammenarbeit der Anlieger am Komati Fluss in Südafrika, Swasiland und Mosambik. Es zeigt, dass auch einzelne Schritte, die je nach institutionellen, finanziellen und naturräumlichen Kapazitäten unternommen werden können, zu einem besseren Wassermanagement, stärkerer sozialer Kohäsion und einer Verbesserung der Lebensbedingungen für die Bevölkerung führen können.
Also, Hand ans Werk! Politischer Wille und Kreativität für individuelle Lösungen sind dringend gefragt!