Die aktuelle Kolumne

US-Zollerhöhungen

Welche Auswirkungen haben sie für Entwicklungsländer?

Berger, Axel
Die aktuelle Kolumne (2018)

Bonn: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Die aktuelle Kolumne vom 23.03.2018

Bonn, 23.03.2018. An diesem Freitag treten die von den USA beschlossenen Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte in Kraft. Die amerikanische Handelspolitik war im ersten Jahr der Präsidentschaft von Donald Trump von einer aggressiven Rhetorik geprägt, der allerdings erst einmal kaum Taten folgten. Einzig der Austritt der USA aus der Transpazifischen Partnerschaft (TPP) am ersten Amtstag von Donald Trump und die erzwungene Nachverhandlung der Nordamerikanischen Freihandelszone (NAFTA) sorgten für Aufregung. Die massiven Zollerhöhungen auf Stahl- und Aluminium und die gestern angekündigten Maßnahmen gegen China haben das Potenzial eine <link die-aktuelle-kolumne article der-welthandel-vor-der-abschottungsspirale>protektionistische Eskalation in Gang zu setzen. Welche Auswirkungen dies auf Entwicklungsländer haben wird, hängt maßgeblich von den Reaktionen der anderen Handelsmächte, vor allem der Europäischen Union (EU) und dem Schwellenland China, ab.

Die kurzfristigen Auswirkungen der Zollerhöhungen auf Entwicklungsländer – sieht man von den großen Schwellenländern ab – dürften gering sein. Die USA erhöhen die Zölle zwar auf alle Stahl- und Aluminiumimporte, allerdings sind Entwicklungsländer hiervon kaum betroffen, weil ihr Anteil am weltweiten Stahlhandel gering ist. Es sind vor allem die Industrie- und Schwellenländer, die von den Zollerhöhungen der USA betroffen sind. Daher war es auch folgerichtig, dass die G20-Finanzminister das Thema bereits auf dem <link die-aktuelle-kolumne article what-remains-of-the-g20-hamburg-summit>G20-Gipfel in Hamburg und diese Woche in Argentinien diskutiert haben – gleichwohl mit mäßigem Erfolg. Eigentlich wäre die<link internal-link internen link im aktuellen> G20 der richtige Rahmen für Verhandlungen. Denn die Handelsproblematik steht im Zusammenhang mit Überkapazitäten (vor allem in China) und makroökonomischen Politiken (vor allem den massiven deutschen Leistungsbilanzüberschüssen). Diese Situation erfordert Zugeständnisse auf allen Seiten, wenn ein offenes Handelssystem auf kooperativer Grundlage erhalten werden soll.

Besorgniserregender für Entwicklungsländer sind jedoch die mittel- bis langfristigen Auswirkungen der US-Zollerhöhungen. Entwicklungsländer sind tief in die globalen Wertschöpfungsketten eingebunden, an deren Spitzen Unternehmen aus Industrie- und zunehmend auch Schwellenländern stehen. Mit dem Ziel günstiger und effizienter produzieren zu können, spalten große und mittlere Unternehmen seit den 1990er Jahren Produktionsprozesse zunehmend auf. Um am Welthandel teilnehmen zu können, müssen sich Unternehmen aus Entwicklungsländern auf einzelne Aufgaben in globalen Wertschöpfungsketten spezialisieren, anstatt zu versuchen das gesamte Produkt selbst herzustellen. Eine Zollspirale, die sich zwischen den USA, der EU und China nach oben schraubt, hätte demnach auch negative Auswirkungen auf Entwicklungsländer, die durch die Wertschöpfungsketten übertragen werden. Denn in den Produkten europäischer und chinesischer Unternehmen, die nicht mehr auf dem amerikanischen Markt abgesetzt werden können, stecken auch Zwischenprodukte aus Entwicklungsländern. Vergleicht man die Wirkung von Zöllen auf globale Wertschöpfungsketten mit einem fahrenden Zug, so ist jeder Aufprall an der Spitze des Zuges auch im letzten Waggon noch zu spüren.

Entwicklungsländer würden auch von der Schwächung des multilateralen Handelssystems betroffen sein. Sowohl Brüssel als auch Peking haben angekündigt gegen die Zollerhöhungen Washingtons in der Welthandelsorganisation (WTO) vorzugehen. Grundsätzlich ist es richtig, Handelskonflikte im Rahmen eines unabhängigen und regelbasierten Systems auszutragen. Allerdings ist der Ausgang des internationalen Schiedsverfahrens offen. Dies liegt vor allem an der Begründung von Präsident Trump: Zollerhöhungen auf Stahl- und Aluminiumimporte sind notwendig, weil ansonsten die nationale Sicherheit der USA bedroht ist. Gerade der Ausnahmetatbestand der nationalen Sicherheit ist allerdings im WTO-Regelwerk nur schwammig definiert.

Sollte diese Begründung in einem WTO-Verfahren Erfolg haben, dürften sich auch Unternehmen aus anderen Sektoren und Ländern ermuntert sehen, auf Zollschranken im nationalen Sicherheitsinteresse zu drängen. Dieser legalisierte Protektionismus würde auch Sektoren treffen, die für Entwicklungsländer wichtig sind. Sollten die USA in den Schiedsverfahren unterliegen, dürfte Washington dies zum Anlass nehmen, auch den letzten Nagel in den Sarg zu schlagen, in dem die WTO zu Grabe getragen wird. Seit seinem Amtsantritt hat Präsident Trump mit seiner Abneigung gegenüber der WTO nicht hinterm Berg gehalten und blockiert aktuell die Besetzung zentraler Richterstellen beim Berufungsgericht der WTO. Eine weitere Schwächung der WTO wäre vor allem für Entwicklungsländer fatal, denn gerade die Schwachen im Welthandelssystem sind auf eine Institution angewiesen, in der Regeln maßgeblich sind und nicht der Wille des Mächtigen.

Die Situation scheint verfahren. Mit welcher Härte die Trumpschen Schutzzölle auf das Handelssystem durchschlagen, hängt davon ab, wie die anderen großen Handelsmächte reagieren. Direkte Gegenmaßnahmen im Stahl und Aluminiumsektor sind gerechtfertigt, um sich vor Überkapazitäten zu schützen und Arbeitsplätze zu sichern. Weitergehende Vergeltungsmaßnahmen sind dagegen kontraproduktiv. Sie würden nur den nächsten Gegenschlag der USA provozieren. Diese Eskalation muss verhindert werden – auch im Interesse der Entwicklungsländer.

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