Die aktuelle Kolumne

Die französische EU-Ratspräsidentschaft

Vier Vorschläge zur Stärkung der deutsch-französischen Zusammenarbeit gegenüber Afrika

Bergmann, Julian / Benedikt Erforth
Die aktuelle Kolumne (2022)

Bonn: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Die aktuelle Kolumne vom 07.02.2022

Am 1. Januar 2022 hat Frankreich die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Unter dem Motto relance, puissance, appartenance (Aufschwung, Stärke, Zugehörigkeitsgefühl) setzt sich die französische Regierung für ein neues Modell des Wirtschaftswachstums und für ein souveräneres, menschlicheres und bürgernahes Europa ein. Frankreich ist bekannt für seine übergreifenden Visionen und das Setzen von Impulsen für den Integrationsprozess, was manchmal auch zu Reibereien mit anderen EU-Mitgliedstaaten führt.

In der auswärtigen Politik plant die französische Ratspräsidentschaft, die Partnerschaft zwischen Afrika und der EU zu stärken. Die erste mögliche Gelegenheit zur Verwirklichung dieses Ziels ist der bevorstehende EU-AU-Gipfel am 17. und 18. Februar. Zudem ist das Zusammentreffen der französischen EU-Ratspräsidentschaft und des deutschen G7-Vorsitzes ein günstiger Zeitpunkt, um die deutsch-französische Zusammenarbeit in Afrika zu stärken. Die Zusammenarbeit zwischen den beiden größten EU-Mitgliedsstaaten ist wichtig, da die bevorstehenden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Frankreich im April und Juni 2022 es der französischen Regierung erschweren könnten, ihre ehrgeizigen Pläne vollständig umzusetzen.

Frankreich und Deutschland haben in ihrer Außenpolitik oft unterschiedliche Strategien verfolgt, insbesondere in Bezug auf Afrika. Dieses Mal bieten die französischen Prioritäten jedoch mehrere Ansatzpunkte, um die außenpolitische Agenda der Ampelkoalition zu erfüllen und die deutsch-französische Zusammenarbeit in der EU-Entwicklungspolitik voranzutreiben. Die neuen „Team-Europe“-Initiativen geben den EU-Mitgliedstaaten mehr Spielraum für gemeinsames Handeln. Die beiden Partner können vier wichtige Themen vorantreiben: Frieden und Entwicklung im Sahel, die EU-Afrika-Handelsbeziehungen, die externe Dimension des Green Deal und die entwicklungspolitische Digitalisierungsagenda.

Erstens engagieren sich Frankreich und Deutschland im Sahel sowohl militärisch, wie im Rahmen von Operation Barkhane oder durch ihre Beiträge zu UN- und EU-Missionen, als auch durch bi- und multilaterale Entwicklungszusammenarbeit. Während Frankreich sich für eine verstärkte Terrorismusbekämpfung einsetzt, befürwortet Deutschland die Stärkung ziviler Konfliktbearbeitung. Die Verschlechterung der Sicherheitslage in der Region, die Ankündigung der malischen Militärjunta, die Wahlen bis 2025 zu verschieben, zunehmende Spannungen mit Frankreich und anderen internationalen Partnern und die Ankunft russischer Söldner in Mali haben in vielen europäischen Hauptstädten Zweifel aufkommen lassen, ob und wie sie ihr Engagement im Sahel fortsetzen sollen. Frankreich und Deutschland sollten eine gemeinsame Initiative für eine koordinierte Reaktion der EU starten, um ihr Engagement in der Region neu zu definieren.

Zweitens ist die Unterstützung der Afrikanischen Kontinentalen Freihandelszone (AfCFTA) eine gemeinsame Priorität beider Regierungen. Die AfCFTA ist ein ehrgeiziges Integrationsprojekt, das den Handel auf dem afrikanischen Kontinent erleichtert und zu grundlegenden Reformen afrikanischer Volkswirtschaften beiträgt. Die deutsch-französische Zusammenarbeit kann eine Schlüsselrolle bei der Koordinierung der EU-Unterstützung für die AfCFTA spielen und die Kohärenz auf allen Ebenen und bei allen thematischen Prioritäten fördern. Um eine „zukunftsorientierte Allianz mit Afrika“ zu verwirklichen, sollten beide Partner einen Reflexionsprozess über die Konsolidierung des Flickenteppichs von bilateralen und regionalen Handelsabkommen der EU vorantreiben.

Drittens unterstützen Frankreich und Deutschland das Ziel, Europa bis 2050 kohlenstoffneutral zu machen. Allerdings haben sie auch unterschiedliche Ansichten darüber, wie dieses Ziel erreicht werden kann. Dies hat der Streit über den Vorschlag der Europäischen Kommission, Atomkraft und Gas als grüne Investitionen zu bezeichnen, gezeigt. Viele afrikanische Staaten befürchten die Schaffung neuer Abhängigkeiten durch den europäischen Green Deal und das CO2-Grenzausgleichssytem. Daher muss die EU in einen umfassenden Dialog mit ihren afrikanischen Partnern eintreten. Als Vorreiter in der Klimapolitik können Frankreich und Deutschland ihr Know-how und ihre Innovationen bündeln, um eine globale grüne Agenda zu unterstützen. Gleichzeitig sollten sie den strategischen Interessen afrikanischer Staaten und deren eigener Klima-Agenda mehr Aufmerksamkeit schenken.

Viertens möchten beide Partner die digitale Souveränität der EU stärken. Dazu gehört nicht nur die Verbesserung der Regulierung und Innovationsförderung in Europa. Neue globale digitale Partnerschaften sind notwendig; ein Fakt, der durch Deutschlands Engagement für eine „aktive digitale Außenpolitik“ anerkannt wird. Die Stärkung digitaler Partnerschaften mit Afrika kann dazu beitragen, eine europäische Vision einer digitalen Zukunft zu fördern und eine Partnerschaft auf Augenhöhe zu unterstützen.

Deutsch-französische Zusammenarbeit in diesen vier Dossiers kann nicht nur zu einer erfolgreichen französischen Ratspräsidentschaft beitragen, sondern auch zu einer engeren Partnerschaft zwischen Afrika und Europa. „Allez les deux”.

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