Die aktuelle Kolumne

Handelskrieg der Supermächte

Trumps Zölle als Risiko für den Globalen Süden und mögliche Optionen

Kornher, Lukas / Clara Brandi
Die aktuelle Kolumne (2025)

Bonn: German Institute of Development and Sustainability (IDOS), Die aktuelle Kolumne vom 24.03.2025

Bonn, 24. März 2025. Donald Trumps aggressive Zollpolitik hat weitreichende Auswirkungen für die Weltwirtschaft. Im Zentrum der aktuellen Debatte stehen die Effekte auf Handelsriesen wie die EU und China und eng mit den USA verflochtene Märkte wie Kanada. Die Folgen für kleinere und ärmere Länder des Globalen Südens geraten allzu oft aus dem Blickfeld. Dabei sind es nicht zuletzt die wirtschaftlich schwächeren Staaten, die den Preis eines großflächigen Handelskriegs zahlen werden.

Einige größere Schwellenländer, wie China, Mexiko oder Südafrika, sind schon jetzt direkt von der amerikanischen Zollpolitik betroffen. Steigende Zölle auf Exporte aus dem Globalen Süden gefährden exportbasiertes Wachstum. Trumps Zollerhöhung von 10 % auf 25 % für Stahl und Aluminium treffen Länder wie Mexiko, Südafrika, Vietnam, Indien und Nigeria.  Doch auch für Länder des Globalen Südens, die nicht selbst als direkte Handelspartner durch Zölle betroffen sind, könnte der indirekte Schaden erheblich sein. Viele dieser Länder sind eng in globale Wertschöpfungsketten eingebunden, die negativ von US-Zöllen oder den Gegenzöllen der EU oder Chinas getroffen werden. Beispielsweise sind die von EU-Gegenzöllen betroffenen Produkte eben nicht 100 % „made in the USA“, sondern beinhalten auch zahlreiche Vor- und Zwischenprodukte aus dem Globalen Süden. Die Gegenzölle der EU richten also auch dort Schaden an - und nicht nur in den USA.

Gleichzeitig gibt es auch mögliche Vorteile für den Globalen Süden. Wenn zum Beispiel die Zölle auf chinesische Güter steigen, verlagern sich Handelsflüsse, wovon wiederum südasiatische Länder profitieren können.

Sicher ist: Eine wegen der Handelskriege insgesamt schwächelnde Weltwirtschaft hat einen negativen Effekt auf das Wirtschaftswachstum der Länder des Globalen Südens. Eine geopolitische Zersplitterung und daraus folgende Handelsbarrieren zwischen den Handelsblöcken, USA, EU und China, könnten beispielsweise Afrika insgesamt 4% des Bruttoinlandsprodukts kosten (über 10 Jahre).

Eigentlich wäre die multilaterale Welthandelsorganisation (WTO) dafür zuständig, einen Handelskrieg zu verhindern. Die Idee ist, dass WTO-Mitglieder Beschwerden gegen Trumps Zölle beim WTO-Schiedsgericht einlegen können, da diese gegen die Grundsätze der WTO verstoßen. Allerdings ist die Berufungsinstanz des Schiedsgerichts seit 2019 nicht mehr funktionsfähig, weil die USA die Ernennung von Mitgliedern blockieren. Dadurch war der von der WTO-garantierte regelbasierte Handel schon vor Trumps Zöllen stark geschwächt.

Welche Optionen gibt es für Länder des Globalen Südens in diesen turbulenten Zeiten?

Als Reaktion auf den Handelskrieg könnten Länder des Globalen Südens nun erstens bilaterale Handelsabkommen mit den USA abschließen. Große Handelsmächte wie China, aber auch Brasilien und Indien haben hinreichend große Märkte und sind damit attraktiv genug, um mit Trump Deals für bilaterale Zollermäßigungen und verbesserten Marktzugang abzuschließen. Kleine und arme Länder, vor allem in Afrika und Südostasien, können darauf kaum hoffen.

Zweitens könnte der Globale Süden auf Handelsabkommen mit anderen Partnern setzen. Ein wichtiger Baustein einer solchen Strategie sind Abkommen mit anderen Ländern des Globalen Südens. Eine stärkere Ausrichtung auf China wäre ebenfalls denkbar. Doch während China verlässlich sein mag, ist das Reich der Mitte gleichzeitig sehr auf seine eigenen Interessen fokussiert. Auch die EU bietet sich als Partner an. Das EU-Abkommen mit Mercosur ist bereit für die Ratifizierung und viele weitere Abkommen werden derzeit verhandelt, sei es mit Indien und Indonesien. Ein zukünftiges Abkommen der EU mit der Afrikanischen Kontinentalen Freihandelszone wäre eine Option, die auch Vorteile für kleinere Länder in Afrika bieten würde.

Drittens könnte das multilaterale System wieder mehr in den Fokus genommen werden. Aus der Not einer veränderten Dynamik der Weltwirtschaft mit einem abgeschotteten US-Markt und weniger verlässlichen Handelsbeziehungen sollten sich die Handelspartner zusammenfinden, die weiter am regelbasierten Handel interessiert sind. Das Ziel sollte sein, das multilaterale Handelssystem zu bewahren und zu stärken. Eine „WTO der Willigen“ kann eine wichtige Säule der zukünftigen Weltwirtschaft sein. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob und wie der Globale Süden in der WTO stärker mit einer Stimme sprechen wird. Hierbei spielen Indien und Südafrika eine zentrale Rolle. Werden sie über ihren Schatten springen und plurilaterale Abkommen von Vorreiterstaaten unter dem Dach der WTO stärker voranbringen? Werden sie nun vermehrt alternative Strukturen für die derzeit dysfunktionale WTO-Streitschlichtung stärken, beispielsweise das von der EU propagierte Multi-Party Interim Appeal Arbitration Arrangement? In Südafrika laufen Diskussionen in der Regierung, die ein Überdenken des bisher abwehrenden Kurses erkennen lassen. Politikdialoge könnten dazu beitragen, ein solches Überdenken zu unterstützen.

In jedem Fall sollte die EU dazu beitragen, die negativen Folgen der aktuellen Turbulenzen abzumildern. Sie sollte ein verlässlicher Partner für die Länder des Globalen Südens sein. Gleichzeitig wird die EU von stärker diversifizierten Handelspartnerschaften selber profitieren. Auch für die WTO sollte sie sich aktiv engagieren. Ein offenes, regelbasiertes Handelssystem wird nur dann überleben, wenn die EU und andere Länder bereit sind, ihren Teil zur Bewahrung und Reform des Systems beizutragen.

Weitere IDOS-Expert*innen zu diesem Thema

Berger, Axel

Politikwissenschaft 

Gitt, Florian

Ökonomie 

Olekseyuk, Zoryana

Ökonomie 

Stender, Frederik

Ökonom 

Vogel, Tim

Ökonomie