Die aktuelle Kolumne

US-Wahlen 2024

Trump 2.0 und die globale Ordnung

Klingebiel, Stephan / Max-Otto Baumann
Die aktuelle Kolumne (2024)

Bonn: German Institute of Development and Sustainability (IDOS), Die aktuelle Kolumne vom 04.11.2024

Bonn, 4. November 2024. Die morgigen Präsidentschaftswahlen in den USA werfen für Europa vor allem eine Frage auf: Wie würde eine zweite Amtszeit von Donald Trump die Weltpolitik verändern? Bereits seine erste Amtszeit war von einem radikalen Wandel der amerikanischen Außenpolitik geprägt. Isolationismus, der Rückzug aus multilateralen Abkommen und eine aggressive nationale Interessenpolitik dominierten das Handeln der USA. „Trump 2.0“ könnte diese Entwicklungen noch weiter vorantreiben und stellt damit eine ernste Bedrohung für die internationale Ordnung und für Europa dar.

Rückzug aus der multilateralen Ordnung – ein gefährlicher Isolationismus

Trump zeigte bereits in seiner ersten Amtszeit wenig Interesse an der Aufrechterhaltung der internationalen Zusammenarbeit. Der Rückzug aus dem Pariser Klimaabkommen und anderen multilateralen Foren war ein deutliches Zeichen dafür, dass Trump bereit war, mit seinen „anti-globalistischen“ Einstellungen ernst zu machen. Bei einem erneuten Wahlsieg könnte Trump noch weitergehen. Die USA könnten sich verstärkt aus den Vereinten Nationen, der NATO, der Welthandelsorganisation (WTO) und der OECD zurückziehen, was ihre globale Führungsrolle schwächen würde aber natürlich vor allem auch die betroffenen Institutionen selbst.

Für Europa, das stark auf multilaterale Zusammenarbeit angewiesen ist, wäre dies von enormem Schaden. Ohne die USA als stabilen Partner können globale Herausforderungen wie der Klimawandel und Armut kaum effektiv bekämpft werden und die global governance-Strukturen kaum reformiert werden. Gleichzeitig würde der Rückzug der USA Akteuren wie China und Russland mehr Macht verleihen, was geopolitische Spannungen verschärfen und die Position Europas schwächen könnte.

Ein Rückschlag für den Klimaschutz

Eine zweite Amtszeit Trumps wäre insbesondere auch für die internationale Klimapolitik verheerend. Bereits in seiner ersten Amtszeit leugnete Trump den Klimawandel und stellte die USA als Bremse im globalen Kampf gegen die Erderwärmung auf. Das „Project 2025“ der Heritage Foundation, welches eine klare Agenda für Trumps potenzielle zweite Amtszeit vorschlägt, sieht vor, den „Krieg gegen Öl und Gas“ zu beenden und die Klimafinanzierung zu demontieren.

Für die Europäische Union, die sich im Rahmen des Green Deals als globale Vorreiterin im Klimaschutz positionieren möchte, wäre dies ein enormer Rückschritt. Ohne die Unterstützung der USA wäre es schwerer, die globalen Klimaziele zu erreichen und eine neue Klimafinanzierungsarchitektur aufzubauen. Dies könnte die Kluft zwischen Europa und den USA in der Klimapolitik vergrößern.

Auch die Entwicklungspolitik dürfte unter Trump 2.0 erheblich leiden. Trump hat zwar in seiner ersten Amtszeit weniger drastische Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit vorgenommen als befürchtet, aber er richtete die Verwendung von US-Geldern stark an geopolitischen Interessen aus. Sollte er ins Weiße Haus zurückkehren, könnte sich auch in der US-amerikanischen Entwicklungspolitik der Schwerpunkt noch mehr auf den geopolitischen Konflikt mit China verschieben. Damit würde auch die Erwartung an Europa wachsen, durch die USA verursachte Finanzierungslücken etwa im UN-Entwicklungssystem zu schließen. Gleichzeitig würde Europa unter noch massiverem Druck stehen, höhere Verteidigungsausgaben zu leisten – besonders im Lichte der von Trump geforderten verstärkten Eigenverantwortung europäischer NATO-Staaten.

Neue geopolitische Realitäten – der Globale Süden als Gewinner?

Während Trump 2.0 für Europa und den Westen eine Bedrohung darstellt, werden einige Akteure im Globalen Süden eine erneute Trump-Präsidentschaft als Chance sehen. Der partielle Rückzug der USA aus der internationalen Ordnung könnte ihnen mehr Handlungsspielräume bieten, sich von westlich-dominierten Machtstrukturen zu lösen und verstärkt eine multipolare Weltordnung mitaufzubauen, die weniger von westlichen Werten und Normen geprägt ist. Aus westlicher Perspektive besteht dabei die Gefahr, dass diese Länder sich verstärkt an China oder Russland orientieren und die europäische Rolle in der Weltordnung, sowie überhaupt die regelbasierte Weltordnung, weiter geschwächt werden.

Obwohl eine zweite Amtszeit von Donald Trump für die internationale Ordnung erhebliche Herausforderungen mit sich bringen würde, ist auch eine Präsidentschaft von Kamala Harris keine Garantie für Stabilität. Die USA stehen vor enormen inneren Spannungen, und sowohl unter Trump als auch unter Harris dürften die USA ein weniger verlässlicher Partner für Europa sein; so könnte auch bei Harris die Indo-Pazifik-Region weiter in den Vordergrund treten. Gleichwohl spricht sich Harris etwa klar für die fortbestehende Unterstützung der NATO aus.

Das Fazit ist klar: für Europa bedeutet all dies, dass es sich auf eine neue geopolitische Ära einstellen muss. Die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten dürfen sich nicht auf eine Rückkehr zur alten transatlantischen Partnerschaft verlassen, sondern müssen sich auf die Möglichkeit einstellen, dass die USA unter Trump 2.0 und selbst unter Harris ein schwierigerer Partner werden. Es ist an der Zeit, dass Europa selbstbewusst auf der internationalen Bühne agiert und eine Vorreiterrolle in Bereichen wie Klimaschutz, Entwicklungspolitik und multilateraler Zusammenarbeit übernimmt.

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