Die aktuelle Kolumne

World Earth Day

Starke Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik für Klima und Biodiversität

Faus Onbargi, Alexia / Alicia Perez-Porro / Anna Carles de las Heras
Die aktuelle Kolumne (2025)

Bonn: German Institute of Development and Sustainability (IDOS), Die aktuelle Kolumne vom 22.04.2025

Bonn, 22. April 2025. Inmitten der angespannten Weltlage sind die Themen Klimawandel und Biodiversitätsverlust aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden – trotz ihrer zunehmenden Dringlichkeit. Zur Bewältigung dieser miteinander verbundenen Krisen braucht es auf allen Ebenen eine evidenzbasierte politische Entscheidungsfindung, was eine Stärkung der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik für Klima und Biodiversität voraussetzt.

Der Klimawandel beschleunigt den Verlust an Artenvielfalt, indem er Lebensräume fragmentiert und schrumpfen lässt, Extremwetterereignisse verstärkt und durch die Erwärmung und Versauerung der Ozeane marine Ökosysteme zerstört. All dies beeinträchtigt die Widerstandsfähigkeit des Lebens an Land und im Meer. Gleichzeitig verschärfen der Verlust von Biodiversität und die Verschlechterung der Ökosysteme den Klimawandel, da die Funktion der Natur als Kohlenstoffsenke geschwächt wird. Der Artenverlust schwächt wiederum wichtige Ökosystemfunktionen wie Wasserspeicherung, Bodenfruchtbarkeit und lokale Temperaturregulierung, die jeweils dazu beitragen, Klimafolgen abzumildern. Klimawandel und Biodiversitätsverlust sind also zwei Seiten derselben Medaille, die sich wechselseitig verstärken.

Auf der Suche nach effektiven kurzfristigen Lösungen mit nachhaltiger Wirkung kommt es vor allem darauf an, Synergien zu maximieren sowie Zielkonflikte zu minimieren. Beispielsweise kann die Wiederherstellung von Wäldern und Feuchtgebieten die Kohlenstoffbindung erhöhen und gleichzeitig die Biodiversität stärken – ein eindeutiger Synergieeffekt. Umgekehrt können schlecht geplante Großprojekte im Bereich der erneuerbaren Energien Ökosysteme stören und Lebensräume vernichten, was auf einen kritischen Zielkonflikt hindeutet. Um zwischen diesen beiden Domänen Kohärenz herzustellen und auf allen Ebenen koordiniert zu handeln, braucht es daher eine starke Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik, sodass integrierte wissenschaftliche Erkenntnisse direkt in die nationale und regionale Entscheidungsfindung einfließen können.

Zwei große internationale Gremien fassen den Forschungsstand zum Klimawandel bzw. zur Biodiversität regelmäßig zusammen: der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC) und die Zwischenstaatliche Plattform für Biodiversität und Ökosystem-Dienstleistungen (IPBES). Der IPCC (1988) ist die weltweit führende Autorität für Klimawissenschaft. Er veröffentlicht politisch relevante Sachstandsberichte, die wesentliche Entscheidungen wie die Festlegung des 1,5-Grad-Ziels im Übereinkommen von Paris beeinflusst haben. Die IPBES (2012) befasst sich vornehmlich mit dem Verlust der Biodiversität und den Beiträgen der Natur für den Menschen. Sie berücksichtigt indigenes Wissen, um ein ganzheitliches Verständnis von Umweltveränderungen zu schaffen. Beide Gremien stehen vor der Notwendigkeit, einen integrierten Klima-Biodiversitäts-Ansatz zu entwickeln und in kohärentes politisches Handeln zu übersetzen.

Zum einen hat die begrenzte Zusammenarbeit beider Gremien voneinander entkoppelte Ansätze hervorgebracht und damit die Produktion und Verfügbarkeit von integriertem Wissen begrenzt. Diese Lücke rührt von unterschiedlichen Mandaten, Methoden und Communitys her, was zunehmend zu fragmentierten Politiken und entgangenen Synergiechancen führt. Eine engere Zusammenarbeit würde fundiertere Politikgestaltung unterstützen und positive Nebeneffekte fördern.

Zum anderen sind beide Gremien nicht darauf ausgelegt, politische Maßnahmen vorzuschreiben. Dieser Umstand verweist auf ein größeres systemisches Problem: die anhaltende Schwierigkeit, wissenschaftliche Erkenntnisse aus allen Teilen der Welt in evidenzbasierte Politiken einzubetten, die sowohl nationale als auch subnationale Realitäten widerspiegeln. Zur Lösung dieses Problems bedarf es eines stärkeren und inklusiveren Schnittstellenökosystems zwischen Wissenschaft und Politik auf allen Ebenen, das auf verschiedene Kontexte zugeschnitten ist und verschiedenste Beteiligte einbindet: die wissenschaftliche Community, politische Verantwortliche, die Zivilgesellschaft, lokale Wissensträger*innen und den Privatsektor. Damit dieses Ökosystem gedeihen kann, braucht es ein nachhaltiges politisches Engagement und aktive Gemeinschaften von wissensvermittelnden Institutionen und Einzelpersonen, die Wissenschaft praxisorientiert und sinnvoll mit der politischen Entscheidungsfindung verbinden können.

In einer komplexen geopolitischen Lage ist es heute wichtiger denn je, globales Klima- und Biodiversitätswissen zu integrieren, um effektive Entscheidungen zu ermöglichen. Nur so können beide Krisen kohärent und wirksam gemeistert werden. Daher appellieren wir am heutigen World Earth Day an politische Verantwortliche aller Ebenen, integrierte Strategien zu fördern, die Wissenschaft in konkretes Handeln übersetzen.


Alexia Faus Onbargi ist Politikwissenschaftlerin in der Forschungsabteilung „Umwelt-Governance“ am German Institute of Development and Sustainability (IDOS) und auf Politikkohärenz für Just Transitions spezialisiert.

Dr. Alicia Pérez-Porro ist Head of Policy Engagement and Institutional Relations am Centre de Recerca Ecològica i Aplicacions Forestals (CREAF).

Anna de las Heras Carles ist Policy Engagement Research Technician am Centre de Recerca Ecològica i Aplicacions Forestals (CREAF).

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