Die aktuelle Kolumne

Hochrangiges UN-Treffen zum Thema Antimikrobielle Resistenzen

Nur ein stärkerer One-Health-Ansatz führt zur wirksamen Kontrolle!

Srigiri, Srinivasa / Angela R. Schug
Die aktuelle Kolumne (2024)

Bonn: German Institute of Development and Sustainability (IDOS), Die aktuelle Kolumne vom 09.09.2024

Bonn, 9. September 2024. Vor fast einem Jahrzehnt rückte die Kontrolle antimikrobieller Resistenzen (AMR) in den Fokus der internationalen Zusammenarbeit. Der unsachgemäße Einsatz von antimikrobiellen Mitteln (z.B. Antibiotika) bei Menschen, Tieren und Pflanzen ist die Hauptursache für AMR und macht es zu einem klassischen ‚One Health‘ Problem. Ohne umfassende Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen könnte die Zahl der jährlichen Todesfälle durch AMR bis 2050 auf über 10 Millionen steigen, während wirtschaftliche Verluste durch AMR bis dahin bis zu 3,8 % des globalen BIP erreichen und in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen sogar bis zu 5 % betragen könnten.

Auf der 71. Generalversammlung der Vereinten Nationen (UNGA) im Jahr 2016 haben sich die Mitgliedsländer zu sektorübergreifenden nationalen Aktionsplänen zu AMR verpflichtet. Nun, acht Jahre nach dieser ersten politischen Erklärung und kurz vor dem zweiten hochrangigen UN-Treffen (High Level Meeting, HLM) zu AMR wurden zwar ein paar Fortschritte erzielt, aber es bleibt immer noch sehr viel zu tun. Das diesjährige HLM bietet Gelegenheit, Lücken bei der Bekämpfung von AMR zu schließen und mit umfassenden Verpflichtungen und Zielen eine neue Dynamik in Gang zu setzen.

Der Entwurf der politischen Erklärung, die auf dem HLM Ende September unterzeichnet werden soll, ist detailliert und zielt auf die Erweiterung bestehender Maßnahmen ab, um die Zahl AMR-bedingter Todesfälle bis 2030 um 10 % im Vergleich zu 2019 zu senken. Konkret sollen Verpflichtungen in verschiedenen Bereichen (wie etwa AMR Governance, Finanzierung, Zugang, Koordination, Forschung, Überwachung, Monitoring und Follow-up) und Sektoren (menschliche Gesundheit, Landwirtschaft, Tiergesundheit und Umwelt) gemacht werden. Aus One-Health-Perspektive sind die größten Herausforderungen jedoch weiterhin das Fehlen finanzieller Mittel für die Umsetzung nationaler Aktionspläne, die komplexe sektorübergreifende Koordinierung sowie die unzureichende Berücksichtigung der Umweltdimensionen.

Dringend ist es nötig, vom Papier zum Handeln überzugehen und die nationalen Aktionspläne umzusetzen, insbesondere in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Lediglich 11 % der Länder mit nationalem Aktionsplan haben finanzielle Mittel aus ihrem nationalen Haushalt dafür bereitgestellt. Daher ist die Verpflichtung in der Erklärung, inländische und multilaterale Finanzmittel für nationale Aktionspläne in mindestens 60 % der Länder zu gewährleisten, zentral. Damit es nicht nur bei Lippenbekenntnissen bleibt, muss auch auf multilaterale Fonds zurückgegriffen werden, die für die Bekämpfung von AMR eingesetzt werden können, etwa der Pandemic Fund und der Global Fund. Auf nationaler Ebene sollten politische Entscheidungsträger*innen innovative Wege zur Nutzung inländischer Mittel finden und Maßnahmen gegen AMR auch aus Töpfen der universellen Gesundheitsversorgung, der nachhaltigen Nahrungsmittelproduktion und des Umweltschutzes finanzieren. Internationale Zusammenarbeit ist unerlässlich, um eine nachhaltige Finanzierung der nationalen Pläne zu AMR sicherzustellen. Der AMR Multi-Partner Trust Fund dient hier als Schlüsselinstrument.

Die Koordination der vielfältigen Akteur*innen zu AMR, die aus unterschiedlichen Sektoren und Bereichen stammen, stellt weiterhin eine große Herausforderung dar. Zahlreiche Länder haben effektive Strategien entwickelt um Akteur*innen zu mobilisieren und Mechanismen für eine sektor- und ebenenübergreifende Koordination zu etablieren. Allerdings verfügen nur 52 % der 178 Länder mit AMR-Aktionsplan über einen funktionierenden Koordinierungsmechanismus. Damit die Akteur*innen auf allen Ebenen und in allen Sektoren den Kampf gegen AMR tatsächlich aufnehmen können, muss ein klares Ziel definiert werden (wie etwa die „AMR-Dialoge“ in Thailand). Wirksame Koordinierungsmechanismen sollten klare Mandate, Regeln für die Zusammenarbeit, starkes politisches Engagement und verlässliche Maßnahmen zur Rechenschaftslegung umfassen. Zudem ist es wichtig, den relevanten Sektoren auf allen Ebenen die notwendigen finanziellen Mittel und Befugnisse zur Umsetzung der AMR-Strategien zu übertragen.

Umweltressourcen übertragen AMR, aber Ökosysteme leiden auch unter AMR und antimikrobieller Verschmutzung. Maßnahmen gegen AMR in der Umwelt fehlten bislang in den meisten nationalen AMR-Aktionsplänen. 2022 wurde der „One Health Joint Plan of Action” ins Leben gerufen, der ausdrücklich Umweltaspekte einbezieht. Der Mangel an Daten über AMR in der Umwelt erschwert jedoch die Entwicklung wirksamer Maßnahmen und Regulierungsnormen. Die im HLM-Entwurf festgelegten Verpflichtungen sind entscheidend, um diese Dimension wirksam einzubeziehen. Auch Initiativen zur lokalen Produktion von Medikamenten, wie etwa in ostafrikanischen Ländern, sollten daher unbedingt von einer Stärkung der Regulierungskapazitäten der Umweltbehörden begleitet werden, um AMR zu verhindern.

AMR ist eine dringende Gefahr. Ohne effektives Handeln laufen wir Gefahr, dass Medikamente ihre Wirkung verlieren, die den Grundstein für medizinischen Fortschritt gelegt haben. Die Mitgliedstaaten müssen nun dringend verbindliche Verpflichtungen eingehen und um Unterstützung für wirksame Strategien werben. Ohne entschlossenes Handeln sind die globale Gesundheit und das menschliche Wohl in Gefahr.


Srinivasa Srigiri ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Forschungsprogramms "Umwelt-Governance am German Institute of Development and Sustainability. Er hat Erfahrung in der Analyse der Governance von natürlichen Ressoucen und der Zusammenhänge zwischen Wasser, Energie, Nahrung, Gesundheit und ökologischen Systemen.

Angela R. Schug ist Beraterin bei der GIZ (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit) und arbeitet an verschiedenen Aspekten der internationalen Zusammenarbeit im Bereich AMR im Rahmen des Sektorvorhabens One Health und des Globalprogramms ‚Pandemieprävention und -bekämpfung, One Health'.

Weitere IDOS-Expert*innen zu diesem Thema

Faus Onbargi, Alexia

Energie- und Klimapolitik