Die aktuelle Kolumne

Kolumbien: auf steinigem Weg zum Frieden

Crncic, Zeljko
Die aktuelle Kolumne (2015)

Bonn, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE) (Die aktuelle Kolumne, 03.08.2015)

Bonn, 03.08.2015. Der amerikanische Doppelkontinent ist in den letzten Wochen vor allem durch die Annäherung zwischen den langjährigen Erzfeinden USA und Kuba in die Schlagzeilen deutscher Medien geraten. Nach Jahrzehnten der Konfrontation zeichnet sich hier eine nachhaltige Entspannung ab. Aber Havanna ist seit geraumer Zeit auch Schauplatz eines anderen Prozesses. Seit November 2012 finden hier Verhandlungen zwischen der Regierung Kolumbiens und der FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia) statt, die Anlass zu vorsichtiger Hoffnung auf die Beendigung des längsten Krieges in der Region geben.

Dabei finden die Verhandlungen in einem schwierigen Umfeld statt. Die FARC und das Militär kämpfen vornehmlich auf dem Land gegeneinander. Die Regierung lehnt eine Feuerpause ab, um den Eindruck von zu großer Nachgiebigkeit zu vermeiden. Bei früheren Verhandlungen Ende der 1990er Jahre war den Rebellen sogar eine ganze Region überlassen worden, was letztendlich zu einer Stärkung der Guerilla geführt hatte. Diese Entwicklung soll mit der harten Haltung unterbunden werden. Die Guerilla ihrerseits hat ihre Angriffe seit Mai erneut intensiviert, nachdem sie einen einseitigen Waffenstillstand aufgekündigt hatte.

Vor allem die ländliche Bevölkerung leidet unter den nie beendeten Kämpfen. In der kolumbianischen Öffentlichkeit ist die Zustimmung zu den Friedensverhandlungen gleichwohl recht niedrig, da die städtische Bevölkerung weniger von den Auswirkungen des Guerilla-Krieges betroffen ist. Auch ist die vormals politische Ausrichtung der FARC mit ihrem Kampf um Landreformen und sozialer Inklusion mit den Jahren verblasst. Etwaige politische Ziele sind somit immer weiter in den Hintergrund gerückt. Mit den Jahren hat sich bei der FARC eine Kriegführung um des schieren Profitstrebens breitgemacht. Mit den Angriffen auf Ziele, vor allem der Energieversorgung, in den großen Städten des Landes haben sich die FARC zwar wieder in das Bewusstsein der Bevölkerung gebombt, die Zustimmung zu einer etwaigen Einigung wird durch die Aktionen jedoch kaum steigen.

Rechte der Zivilbevölkerung stärken
Der Konflikt in Kolumbien hat mehr als vier Millionen Menschen zu Flüchtlingen gemacht. Das Land führt mit Sudan und der Demokratischen Republik Kongo die Liste der Länder mit den meisten Binnenvertriebenen weltweit an. Frauen, Männer und Kinder wurden und werden durch Folter, Vergewaltigung, Mord, Entführungen, Erpressungen, aber auch durch die Verleugnung elementarer sozialer Bedürfnisse wie den Zugang zu Land, Bildung oder Wasser zu Hauptopfern dieses Krieges.

Die Verhandlungen zwischen der ältesten Guerilla-Gruppe Lateinamerikas und der konservativen Regierung Santos sind alles andere als einfach. Sie werden jedoch, trotz der Rückschläge vor Ort, weiter geführt, was an sich eine gute Nachricht ist. Eine noch bessere Nachricht wäre selbstverständlich, wenn sich die Kriegsparteien auf einen Waffenstillstand einigen könnten, um die Friedensbemühungen für die Menschen in den betroffenen Gebieten tatsächlich fühlbar zu machen.

Mut zu Ausgleich und Pluralität
Trotz aller Schwierigkeiten haben sich die Konfliktparteien vorgenommen, dicke Bretter zu bohren. Im Verhandlungsprozess wurden fünf Themen auf die Agenda gesetzt, die nacheinander abgearbeitet werden sollen. Dazu gehören die Lösung der Landfrage, der Drogenanbau, die politische Teilhabe, die Entschädigung der Kriegsopfer und schlussendlich die Beendigung des Krieges. Konfliktlinien, mit denen sich die kolumbianische Gesellschaft seit Dekaden konfrontiert sieht.

Mit dem Gesetz 1448 zur Entschädigung und Wiedergutmachung der Kriegsopfer vom Dezember 2011 hat die Regierung Santos erste ermutigende Zeichen für die Aufarbeitung der blutigen Vergangenheit gesetzt. Darüber hinaus ist es auf diesem Themenfeld bei den Verhandlungen zur Einigung über eine Wahrheitskommission gekommen, was ebenfalls positiv zu bewerten ist. Auch bei anderen Punkten, wie der Drogenpolitik oder der politischen Teilhabe gibt es Fortschritte. Allerdings kommt es hier auf die praktische Umsetzung in den einzelnen Departements an.

Eine Einigung der Kriegsparteien muss vor allem die brennenden sozialen und ökonomischen Fragen des Landes berücksichtigen, will sie nicht zu einer bloßen Demobilisierungsaktion für die geschwächte FARC werden. Eine solche Farce hatte die Regierung Uribe Mitte des letzten Jahrzehnts mit den rechts gerichteten Paramilitärs veranstaltet, mit dem Erfolg, dass sie wenig später als „Bandas Criminales“ zurückkehrten und ihr blutiges Geschäft bis heute weiter betreiben.

Es ist den verfeindeten Akteuren in Havanna Mut bei der Lösung dieses anhaltenden Konflikts zu wünschen. Mut, der die Ausgrenzung und Benachteiligung weiter Bevölkerungsteile auflöst und eine politische Pluralisierung enthält. Denn in erster Linie waren es ökonomischer und politischer Ausschluss, die zum bewaffneten Aufstand der FARC und ähnlicher Gruppen geführt haben.

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