Die aktuelle Kolumne
Korruptionssichere Klimafinanzen
Forderungen nach einer Mittelaufstockung sollten mit der Bekämpfung von Korruption Hand in Hand gehen
Yi, HyunAh / Aparajita BanerjeeDie aktuelle Kolumne (2024)
Bonn: German Institute of Development and Sustainability (IDOS), Die aktuelle Kolumne vom 09.12.2024
Bonn, 09. Dezember 2024. Die Teilnehmerstaaten der UN-Klimakonferenz in Baku einigten sich auf ein neues Ziel: die Verdreifachung der Mittel für die Bekämpfung des Klimawandels. Die Industriestaaten sagten zu, jährlich 300 Milliarden US-Dollar an die einkommensschwächsten Länder zu zahlen, wenn auch nicht als bedingungslose Zuschüsse. Während diese Einigung Hoffnung weckt, wird in aktuellen Berichten über den Missbrauch von z.B. Geldern, die für Projekte für saubere Energie vorgesehen waren, vehement mehr Transparenz gefordert. Das Umweltbundesamt (UBA) deckte kürzlich den Betrug bei acht zur Genehmigung anstehenden Projekten zur Emissionsminderung im Öl- und Gassektor auf und lehnte diese Projekte aufgrund von Unregelmäßigkeiten ab. Die USA erließ einen Haftbefehl gegen einen der reichsten indischen Milliardäre, weil er an einem Plan zur Bestechung indischer Regierungsbehörden beteiligt gewesen sein soll. Er habe sich den Zuschlag für lukrative Solarenergie-Lieferverträge mit 250 Millionen US-Dollar erkauft. Auch die Medien berichten über diesen Fall.
Korruptionsskandale schädigen das positive Image „sauberer“ Energie weltweit. Begriffe wie „grün“ oder „nachhaltig“, die mit erneuerbaren Energien in Verbindung gebracht werden, helfen, die Korruption in der Branche zu verschleiern. Da Klimaschutzmaßnahmen meist schnell umgesetzt werden müssen, genießen umfassende Überwachung und Kontrolle von Klimaschutz- und Anpassungsprojekten keine Priorität.
Es wird erforscht, welche Formen die Korruption in der Entwicklungsfinanzierung annimmt und wie damit umzugehen ist. Integrität und Transparenz müssen Priorität für die Mittelvergabe haben. Bei globalen Finanzströmen sind unterschiedliche Rechtssysteme mit unterschiedlichen Toleranzgrenzen für Korruption beteiligt. In vielen Ländern wie Indien, können private Investor*innen aufgrund der Klimaschutzprojekte am Stromerzeugungsmarkt teilnehmen und ersetzen den traditionell öffentlichen Energieerzeugungssektor. Dadurch sind zusätzliche Korruptionskanäle mit neuen Akteur*innen entstanden, die Bestechungsgelder anbieten oder annehmen können. Zu den indirekten Formen der Korruption gehören das Rent-Seeking-Verhalten von Investor*innen, Patrimonialismus und die Vereinnahmung von Projekten für erneuerbare Energien durch einflussreiche Eliten.
Korruption kommt auch bei kleinen, netzunabhängigen Projekten für erneuerbare Energien in abgelegenen und armen Gemeinden einkommensschwacher Länder vor. Gemeinden mit geringem sozialem Kapital und begrenzten finanziellen Ressourcen, ohne Unterstützung der Regierung, können sich kaum gegen Korruption wehren. Das gilt insbesondere, wenn lokale Machteliten öffentliche Projekte für erneuerbare Energien für sich beanspruchen. Selbst wenn Projekte auf öffentlichen Grundstücken errichtet werden, kann die politische Führung vor Ort die Systeme für ihre eigenen politischen Zwecke und Profitinteressen missbrauchen. Solche Projekte werden von Entwicklungsagenturen und öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) konzipiert und finanziert, um arme Haushalte oder von Energiearmut betroffene Gemeinden zu unterstützen. Nach der Vereinnahmung durch lokale Eliten verfehlen die Projekte ihr Ziel. Zum einen wird der Energiearmut in den betroffenen Gemeinden nicht abgeholfen. Zum anderen leiden die Gemeinden zusätzlich unter der Korruption. Ihre Chancen auf zukünftige Unterstützung durch lokale Nichtregierungsorganisationen sinkt. Lehnen sich Gemeindemitglieder gegen den Einfluss lokaler Machteliten auf, riskieren sie ggf. ihr Leben und ihre Lebensgrundlagen.
Die Bekämpfung von Korruption ist eine komplexe Aufgabe. Um die Korruption auf nationaler Ebene zu bekämpfen, ist viel Arbeit erforderlich, vor allem in höchst korrupten Ländern. Es braucht sichere Räume und Institutionen, die es allen Akteur*innen ermöglichen, korrupte Praktiken im Klimaschutz zu melden und Abhilfe zu schaffen. Unerlässlich ist eine stabile Gewaltenteilung, einschließlich einer verlässlichen Rechtsordnung. An Ländern wie Vietnam, das eine Just Energy Transition Partnership (JETP) eingegangen ist, lässt sich erkennen, welche Herausforderungen dabei entstehen. Seit 2021 hat Vietnam sechs Umweltaktivist*innen verhaftet und ihnen die Teilnahme an Governance-Prozessen versagt. Damit wurden die Prinzipien der Transparenz und der Einbeziehung aller Betroffenen verletzt. Ein solches Vorgehen zeigt, wie die Bemühungen zur Korruptionsbekämpfung und Rechenschaftspflicht bei Klimaschutzprojekten am Fehlen inklusiver Governance-Strukturen und rechtlicher Garantien scheitern.
Klimaschutz bedeutet, dass mehr Mittel für Klimaanpassungs- und Klimaschutzmaßnahmen zur Verfügung stehen, aber auch, dass Gelder für Projekte verwendet werden, die allen zugutekommen, insbesondere den am stärksten Betroffenen. Wer mehr Mittel für die Klimafinanzierung einfordert, sollte sich auf Forderungen nach Transparenzinitiativen und strengen Antikorruptionsgesetzen auf allen Ebenen gefasst machen.