Die aktuelle Kolumne
„Die Sterne stehen günstig“ – nun holt sie vom Himmel!
Bauer, Steffen / Silke WeinlichDie aktuelle Kolumne (2015)
Bonn: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE) (Die aktuelle Kolumne, 19.01.2015)
Bonn, 19.01.2015. Heute nehmen Diplomaten in New York die Verhandlungen über eine neue universelle Agenda für nachhaltige Entwicklung auf, deren Fertigstellung für September 2015 geplant ist. Um die für die <link internal-link internen link im aktuellen>Post-2015-Agenda vorgesehenen Ziele nachhaltiger Entwicklung (Sustainable Development Goals – SDGs) wird es einiges Gerangel geben, und das zu Recht: Sie werden die globale Entwicklungsagenda auf Jahre hinaus prägen und sind <link record:tx_ttnews:tt_news:5625 internal-link>das ehrgeizigste Projekt der internationalen Entwicklungspolitik des Jahres 2015.
Mit ihrer im Juli 2014 vorgelegten Liste von 17 SDGs hat die Open Working Group (OWG) der Vereinten Nationen (UN) <link record:tx_ttnews:tt_news:5458 internal-link>fokussierten zwischenstaatlichen Verhandlungen den Weg geebnet. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon unterstrich in seinem Synthesebericht vom Dezember 2014 die Bedeutung des OWG-Vorschlags und sein transformatives Potenzial. Nun müssen die Staaten zeigen, dass sie in der Lage sind, einen kompakten Zielkatalog für eine umfassende globale Agenda zu erstellen, der ambitioniert und fair zugleich ist. Er muss universelle Gültigkeit haben, sich an länderspezifische Bedingungen anpassen lassen und in der Umsetzung Rechenschaft von allen Akteuren einfordern: nichtstaatlichen und staatlichen – armen wie reichen. Wenn den Staaten dies gelingt, schaffen sie mehr als nur eine weitere Entwicklungsagenda. Sie bewiesen der Welt, dass 193 Staaten trotz allem fähig sind, als vereinte Nationen auf komplexe globale Herausforderungen zu reagieren und gemeinsam Verantwortung für jetzige und künftige Generationen zu übernehmen. Zudem bekräftigten sie, dass universelle Menschenrechte und die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung als Grundlage der menschlichen Zivilisation Gültigkeit haben. Dies würde zugleich ein starkes Signal an jene senden, die die Basis von Gerechtigkeit und Frieden mit fundamentalistischen Ideologien und menschenverachtenden Terrorakten zu untergraben versuchen. Schließlich verstärkten sie einen beispiellosen Prozess internationaler Konsultationen und Verpflichtungen, der dem Abgesang auf multilaterale Kooperation und internationales Recht die Stirn bietet.
Kurzum: Sie brächten die Weltgemeinschaft auf Kurs für <link record:tx_ttnews:tt_news:4599 internal-link>„The Future We Want“. Dieses ehrgeizige Unterfangen unterstützt der UN-Generalsekretär mit seinem Synthesebericht „<link http: www.un.org disabilities documents reports sg_synthesis_report_road_to_dignity_by_2030.pdf external-link-new-window externen link in neuem>The Road to Dignity by 2030“, indem er die Empfehlungen der OWG für die künftigen SDGs mit dem Bericht der Expertenkommission für nachhaltige Entwicklungsfinanzierung zusammenbringt.
Mit seinem Vorschlag, sechs übergreifende Themen festzulegen – Würde, Wohlstand, Gerechtigkeit, Partnerschaft, Planet und Mensch – reagiert er auf die pauschale Kritik, eine Liste mit 17 Zielen sei nicht zu vermitteln, geschweige denn umzusetzen. Durch das Gruppieren an sich wird die sperrige Zahl von 17 SDGs und 169 Unterzielen noch nicht handlicher. Aber es würdigt den mühsam errungenen Konsens der OWG und unterstreicht: Am Ende zählt der Inhalt der Ziele. Natürlich muss der vorliegende Katalog in den Verhandlungen technisch bereinigt und die Umsetzung konkretisiert werden. Und es ist zu hoffen, dass die Unterhändler mutig genug sind, einige Ziele ambitionierter zu gestalten und andere nicht zu verwässern. Gleichwohl verlangt das Bemühen der Länder um einen tief greifenden, transformativen Wandel hin zu einer nachhaltigeren, gerechten und menschenrechtsbasierten Ordnung in den natürlichen Grenzen unseres Planeten nach einer überzeugenden Vision und inspirativen Begründung – die Ban Ki-moon in seinem Bericht liefert.
Zugleich macht er klar: Ambitionierte Ziele allein reichen nicht. Ohne eine Festlegung, woher die Mittel kommen sollen und welche politischen Maßnahmen zu ergreifen sind, hat eine nicht-verbindliche Agenda keine Chance auf Umsetzung. Das ist eine der zentralen Lehren aus den wesentlich enger gesteckten Millenniums-Entwicklungszielen (MDGs), die diesbezüglich nur sehr vage formuliert waren. Wiederum vermeidet es der Generalsekretär, den Verhandlungen über die Mittel der Umsetzung vorzugreifen, sondern verweist auf die umfassende Bestandsaufnahme der Expertengruppe. Aber er betritt mit seinem Bericht Neuland, was Rechenschafts- und Überprüfungsmechanismen angeht – weitere Grundvoraussetzungen einer erfolgreichen Umsetzung. Und er zeigt, dass das UN-System gut positioniert ist um die anfallenden Arbeiten zu erledigen.
Wie zu erwarten, wurde der Generalsekretär dafür kritisiert, dass er eine radikalere Haltung einnehmen, rigorosere Analysen durchführen und mehr Führungsstärke hätte zeigen können damit ehrgeizigere Ziele definiert werden. Diesen Ball jedoch hat er zu Recht an die Regierungen zurückgespielt: Ab heute kommen sie einmal monatlich zusammen, um die restlichen, nicht unerheblichen Differenzen auszuräumen und die Agenda abzuschließen. Die Sterne, so der Generalsekretär, stehen günstig für die Welt, einen historischen Schritt zu tun, um Leben zu verändern und den Planeten zu schützen. Aber die SDGs dürfen keine Luftschlösser sein! Jetzt ist der Moment gekommen, da Regierungen eine universelle Agenda verankern müssen, die hochgesteckte Ziele in greifbare Politik verwandelt – zum Nutzen der ganzen Menschheit und des Planeten, den sie bevölkert.