Die aktuelle Kolumne

Die globale Entwicklungsagenda und die Hausaufgaben der G7

Berensmann, Kathrin / Silke Weinlich
Die aktuelle Kolumne (2015)

German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE) (Die aktuelle Kolumne, 07.04.2015)

Bonn, 07.04.2015. Drei zukunftsweisende Gipfel der Vereinten Nationen (UN) in diesem Jahr sollen die globale Agenda bis zum Ende des kommenden Jahrzehnts prägen. Der erste Gipfel findet im Juli in Addis Abeba statt und beschließt, wie die globale Entwicklungsagenda von der internationalen Gemeinschaft finanziert und durch Technologietransfer und andere Mittel umgesetzt werden soll. Während der UN-Generalversammlung im September in New York wird die globale <link internal-link internen link im aktuellen>Post-2015-Agenda mit voraussichtlich 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) konkretisiert, die für alle Länder bis 2030 gelten sollen. Im Dezember steht in Paris schließlich die UN-Klimakonferenz an, auf der die Staaten einen neuen, <link internal-link internen link im aktuellen>allgemein gültigen Klimavertrag verabschieden wollen.
Da diese multilateralen Großereignisse die ganze Welt betreffen, müssen die G7 ihren Teil zum Gelingen beitragen. Die deutsche Präsidentschaft des G7-Gipfels im Juni auf Schloss Elmau muss dazu genutzt werden, die neue globale Agenda und die vorgesehenen Ziele für nachhaltige Entwicklung auf drei Ebenen zu unterstützen – in den G7-Staaten selbst, in Entwicklungsländern und auf globaler Ebene.

Vor der eigenen Haustür kehren
Erstens sollten die G7 Veränderungen anregen, die bedeutende globale Auswirkungen haben. Während die Millenniumsentwicklungsziele (Millennium Development Goals, MDGs) nahezu ausschließlich Veränderungen in Ländern geringen und mittleren Einkommens betrafen, sollen die neuen Ziele für nachhaltige Entwicklung eine globale Transformation bewirken. Das bedeutet, alle Regierungen, auch die der G7, müssen zu Hause handeln und ihre nationale Politik auf die neue globale Agenda für nachhaltige Entwicklung abstimmen. Deshalb sind nationale SDG-Umsetzungspläne notwendig, um über den Stand der Umsetzung Rechenschaft abzulegen. Gerade die wohlhabenden Industrienationen müssen im Rahmen der G7 stärkere Verantwortung für nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster übernehmen, indem sie beispielsweise Unternehmen für die Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards zur Rechenschaft ziehen und die Ressourceneffizienz deutlich verbessern. Außerdem sind die G7-Staaten aufgefordert, ihre nationalen Beiträge zur Eindämmung der Erderwärmung auf maximal 2°C zeitlich und inhaltlich zu konkretisieren.

In armen Ländern: Entwicklung fördern
Zweitens muss die G7 ihre Bereitschaft erklären, nachhaltige Entwicklung in Entwicklungsländern stärker zu fördern. Die G7-Länder sollten sich dazu bekennen, ihre Beiträge zu öffentlichen Entwicklungsleistungen (Official Development Assistance, ODA) substantiell zu erhöhen. Wie vom deutschen Sustainable Development Solutions Network (<link internal-link internen link im aktuellen>SDSN Germany) <link internal-link internen link im aktuellen>vorgeschlagen, sollte insbesondere die jährliche ODA der G7-Staaten an die ärmsten Länder bis 2020 verdoppelt werden und auf mehr als 50 Mrd. USD ansteigen.

Gleichermaßen müssen die G7 ihre finanziellen Versprechen zur Klimafinanzierung einhalten und mit Leben füllen. SDSN Germany schlägt vor, dass die G7 von 2020 an zunächst für fünf Jahre je 50 Mrd. USD zusätzlich für Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen zur Verfügung stellen, damit der Klimawandel gemindert und seine Auswirkungen abgefedert werden können. Die G7 sollten zudem den Technologietransfer in ärmere Länder vorantreiben. In diesem Zusammenhang sollten sich die G7 für die geplante UN-Technologiebank einsetzen, die beispielsweise den Zugang der Entwicklungsländer zu neuen Technologien unterstützen soll. Angesichts der Ebola-Krise in Westafrika, auf die die internationale Gemeinschaft nicht schnell und schlagkräftig genug geantwortet hat, gilt es außerdem, nationale Gesundheitssysteme in ärmeren Ländern zu stärken und Vorsorge für weitere Krisen zu fördern. Dafür sollten die G7 substantielle Zusagen an die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und für den neu geplanten Gesundheitsnotfallfonds machen.

Auf globaler Ebene: Gerechte Global Governance fördern
Drittens müssen die G7-Staaten auf globaler Ebene ihre Unterstützung für effektivere und legitimere Institutionen bekennen. Hierzu zählt die Umsetzung der vereinbarten Governance-Reformen bei den multilateralen Institutionen, wie zum Beispiel die Reform der Stimmrechte beim Internationalen Währungsfonds (IWF), die die aktuelle ökonomische Bedeutung des Südens besser widerspiegelt. Die Bereitschaft, sich für ein fair ausgestaltetes internationales Handels- und Investitionssystem einzusetzen, wäre ein weiteres starkes Signal. Konkret dürfen Abkommen zwischen den Industrieländern, wie zum Beispiel die Transatlantische Handels- und Investiti-onspartnerschaft (<link internal-link internen link im aktuellen>TTIP), Entwicklungsländer nicht marginalisieren.

Das 21. Jahrhundert ist das Zeitalter der globalen Güter und globaler Systemrisiken – ebenso wie das beispielloser globaler Entwicklungschancen. Die Einbindung der G7-Staaten in die Umsetzung der globalen Entwicklungsagenda ist daher eine sine qua non für die weltweite Sicherung des Wohlstandes im Rahmen der planetarischen Leitplanken.

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