Die aktuelle Kolumne

Öffentliche Verkehrsmittel für alle!

Die Bedeutung des Verkehrssektors für Frauen in Afrika

Asimeng, Theodore / Pooja Balasubramanian
Die aktuelle Kolumne (2024)

Bonn: German Institute of Development and Sustainability (IDOS), Die aktuelle Kolumne vom 06.03.2024

Bonn, 6. März 2024. Mobilität sowie ein gut funktionierendes Verkehrsnetz erleichtern den Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung, Beschäftigung und Freizeitaktivitäten, die wiederum Grundlage für Wohlbefinden und Wirtschaftswachstum sind. Doch herrscht im Verkehrssektor keine Geschlechtergerechtigkeit, insbesondere in Afrika, wo Frauen aufgrund ihres eingeschränkten Zugangs zu bezahlter Arbeit und den daraus resultierenden geringen finanziellen Spielräumen seltener als Männer ein motorisiertes Fahrzeug besitzen.

Infolgedessen gehen mehr Frauen und Mädchen zu Fuß oder nutzen öffentliche Verkehrsmittel, wenn diese verfügbar sind. Hier fühlen sie sich jedoch häufig unsicher. Langfristige Pläne für einen geschlechtergerechten Verkehrssektor gibt es jedoch kaum. Die Tatsache, dass im öffentlichen Verkehr vor allem Männer tätig sind, muss sich ändern, da dies den Zugang von Frauen zu wirtschaftlichen und sozialen Aktivitäten sowie zu Gesundheitsdiensten einschränkt. Politische Entscheidungsträger*innen, Finanzinstitutionen und Wissenschaftler*innen, die an einer Umgestaltung des derzeitigen öffentlichen Verkehrs interessiert sind, dürfen ihren Blick nicht nur auf Effizienz und Umweltschutz richten, sondern müssen auch Geschlechterungleichheiten berücksichtigen. Entwicklungspartner wie Deutschland können im Rahmen ihrer wegweisenden feministischen Entwicklungspolitik zu einer geschlechtergerechten Verkehrspolitik in Afrika beitragen.

Warum sind weniger Frauen im öffentlichen Verkehrssektor tätig? 

Die wichtigsten öffentlichen Verkehrsmittel in Afrika sind Züge, Busse, Minibusse, Taxis, motorisierte Rikschas und Motorräder. Sie lassen sich grob in öffentlich regulierte und weniger regulierte unterteilen. Geringe staatliche Investitionen und unzureichende institutionelle Kapazitäten im öffentlichen Verkehr haben dazu geführt, dass in Afrika informelle, wenig regulierte Verkehrsstrukturen, oft auch als Paratransit-Dienste bezeichnet, überwiegen. Nur wenige Frauen arbeiten im regulierten Verkehrssektor; im schwach regulierten öffentlichen Verkehr sind es noch weniger.

Obwohl im informellen Dienstleistungssektor aufgrund der damit verbundenen Flexibilität hauptsächlich Frauen arbeiten, sind es im informellen Verkehrssektor eindeutig mehr Männer. Dies liegt daran, dass der informelle Verkehr von den Betreibern selbst reguliert wird und mit einer rücksichtslosen und wettbewerbsorientierten Fahrweise, langen Arbeitszeiten, hohen Risiken und Unvorhersehbarkeit verbunden ist. Ein derart riskantes und kaum reguliertes Umfeld macht die Arbeit in diesem Sektor gefährlich und schwierig.

Auch beim Reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln sehen sich die Frauen mit realen oder empfundenen Gefahren konfrontiert. Darüber hinaus unterscheiden sich die weiblichen Mobilitätsmuster von männlichen, da Frauen einen unverhältnismäßig hohen Anteil an der Care-Arbeit übernehmen. Folglich müssen sie zusätzliche Wege auf sich nehmen, was ihre Mobilität relativ teuer macht. 

Dies ist ein doppeltes Problem, da die prekären Verhältnisse im derzeitigen Verkehrssektor zur Folge haben können, dass noch weniger Frauen öffentliche Verkehrsmittel nutzen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass ihre Einkommensmöglichkeiten – auch im Verkehrssektor selbst – weiter eingeschränkt werden. Dies trägt zusätzlich zu sozialer Ungleichheit bei. Die Hälfte der Bevölkerung ist aufgrund ihres Geschlechts in ihren Beschäftigungsmöglichkeiten und ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt – weil Frauen meist kein eigenes Fahrzeug besitzen und öffentliche Verkehrsmittel für sie unsicher sind.

Ein Wandel, der allen zugutekommt

Sichere öffentliche Verkehrsmittel sind eine der Grundvoraussetzungen für eine florierende Gesellschaft. Mobilität ist ein Ausdruck von Freiheit und Selbstbestimmung. Die aktuellen prekären Arbeitsbedingungen im öffentlichen Verkehrssektor schließen nicht nur Frauen aus, sondern gefährden auch das Leben von Männern, die dort arbeiten müssen.  

Einige afrikanische Regierungen haben jüngst begonnen, mit einer Regulierung des öffentlichen Verkehrs sowie Investitionen in Schienenfahrzeuge und Schnellbus-Systeme (Bus Rapid Transit - BRT) gegenzusteuern. Städte wie Lagos, Dar es Salaam, Kapstadt und Johannesburg haben BRT-Systeme eingeführt, um den öffentlichen Nahverkehr zu regulieren und effizient zu gestalten. Auch Accra, Abidjan und Nairobi führen derzeit solche Systeme ein. In Accra haben Staat und Geldgeber aktiv ein Zeichen gegen Geschlechterungleichheit gesetzt und sechzig Frauen als Fahrerinnen für BRT-Systeme ausgebildet. Ladybird, ein privates Logistikunternehmen in Ghana, setzt ausschließlich Frauen als Fahrerinnen ein. Dies zeigt, dass Frauen mit entsprechender Unterstützung auch in solchen männerdominierten Bereichen Fuß fassen können.

Afrikanische Staaten sollten eine geschlechtergerechte Mobilitätspolitik verfolgen, die auch Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen vorsieht. Dieser Aspekt sollte bei der kontinentweiten Umsetzung des afrikanischen Freihandelsabkommens (AfCFTA) und der Agenda 2063 der Afrikanischen Union bedacht werden. Darüber hinaus ist wichtig, dass Frauen in die Planung und Diskussionen über öffentliche Verkehrsdienste einbezogen werden, etwa wenn es um Fahrpreise und Sicherheit geht. Dabei gilt es, die Sicherheitsbedenken von Frauen ernst zu nehmen, ihre Mobilität zu fördern und ihnen zu ermöglichen, eine Arbeit im öffentlichen Nahverkehr aufzunehmen. Das fördert ihre Selbstbestimmung und ihren Zugang zu Bildung, Freizeiteinrichtungen und Jobs an weiter entfernten Orten. So können mehr Frauen zum wirtschaftlichen und sozialen Wohlstand der afrikanischen Gesellschaften beitragen. Politische Entscheidungsträger*innen und Finanzinstitutionen sollten solche Bemühungen unterstützen.

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