Die aktuelle Kolumne

Abbau von umweltschädliche Subventionen

Der Gesellschaftsvertrag: ein Ansatz zur Gestaltung sozial gerechter Klimapolitik in Deutschland

Böhl Gutierrez, Mauricio / Daniele Malerba / Markus Loewe
Die aktuelle Kolumne (2025)

Bonn: German Institute of Development and Sustainability (IDOS), Die aktuelle Kolumne vom 04.03.2025

Die nächste deutsche Regierung muss wirtschaftliche Prioritäten mit dringlichem Klimaschutz verbinden. Während die Wirtschaft den Wahlkampf dominierte, wurde Klimapolitik weitgehend ignoriert. Die Abschaffung umweltschädlicher Subventionen könnte Milliarden freisetzen, um Emissionen zu senken, die öffentliche Gesundheit zu verbessern und Sozialpolitik zu stärken. Die neue Regierung sollte Subventionsabbau als Neuverhandlung des bestehenden Gesellschaftsvertrags angehen und dabei einen fairen Ausgleich für alle betroffenen Gruppen gewährleisten.

Klimapolitik als Bestandteil von Gesellschaftsverträgen

Trotz der Bedrohung durch den Klimawandel, standen bei der Bundestagswahl 2025 Wirtschaft und Migration im Fokus. Viele fürchten hohe Kosten durch Klimapolitik, doch der Klimawandel verursacht selbst wirtschaftliche Instabilität und Migration. Regierungen müssen den Klimawandel bekämpfen, um zukünftige Lebensstandards zu sichern und unverhältnismäßige Kosten für soziale Gruppen zu vermeiden.

Ein vielversprechender Ansatz ist, die Subventionen für fossile Brennstoffe abzuschaffen, die Regierungen weltweit 2022 eine Billion Euro kosteten. Deutschland gewährte 2020 Steuererleichterungen und direkte Unterstützung für den Verkehrssektor in Höhe von insgesamt 25 Milliarden Euro. Subventionsabbau dient den Klimazielen und schafft finanzielle Spielräume für andere Prioritäten wie öffentlichen Nahverkehr, digitale Verwaltung und Sozialpolitik. Zudem könnte er den Druck verringern, die Schuldenbremse zu reformieren.

Allerdings ist Subventionsabbau politisch anspruchsvoll, wie der Widerstand der Landwirt*innen gegen die Kürzung der Dieselsubventionen im vergangenen Jahr zeigte. Die Reform scheiterte an schlechter Kommunikation und unzureichender Einbindung der Akteur*innen. Der Gesellschaftsvertrag als Analyseinstrument hilft, allgemein akzeptierte Strategien für den Subventionsabbau zu identifizieren. Die Stabilität des Gesellschaftsvertrags zu sichern wird immer wichtiger, da schwindendes Vertrauen in die Regierung das Erstarken rechtspopulistischer Bewegungen begünstigt.

Der Gesellschaftsvertrag als Analyseinstrument

Der Gesellschaftsvertrag ist ein Konstrukt, das alle impliziten und expliziten Vereinbarungen zwischen Staat und Gesellschaft umfasst. Es ist ein wirksames analytisches Instrument, um Klimaschutzmaßnahmen, einschließlich Subventionsabbau, fair und politisch umsetzbar zu gestalten. IDOS hat den Gesellschaftsvertrag als Analyseinstrument etabliert und dabei drei zentrale Regierungsaufgaben identifiziert: protection (Schutz), provision (Bereitstellung von Dienstleistungen) und participation (politische Teilhabe). Wie die deutsche Regierung die Bereitstellung von Subventionen durch andere Leistungen im Rahmen der drei „Ps“ ersetzen kann, ist entscheidend, um eine akzeptable Kompensation für betroffene soziale Gruppen zu finden.

Ein Weg zum Subventionsabbau in Deutschland

Erfahrungen aus zahlreichen Ländern niedrigen und mittleren Einkommens wie Kolumbien liefern wertvolle Erkenntnisse für den Subventionsabbau. Die Anwendung des Gesellschaftsvertrags zu deren Analyse zeigt, dass Teilhabe im Planungsprozess und andere zusätzliche Leistungen im Rahmen der drei „Ps“ zu tragfähigen Lösungen führen können. Kolumbien behandelte beispielsweise den Subventionsabbau als Verhandlungsprozess und bot verstärkten Schutz auf den Autobahnen sowie die Bereitstellung neuer Kraftfahrzeuge für den Transportsektor an.

Für den Abbau der Subventionen sollte die neue deutsche Regierung folgende Lektionen beachten:

  1. Kommunikation ist entscheidend, um Widerstand zu vermeiden und betroffene Gruppen über Ausgleichsmaßnahmen wie Direktzahlungen zu informieren.
  2. Alle relevanten sozialen Gruppen sollten am Prozess beteiligt werden; der Gesellschaftsvertrag hilft, diese zu identifizieren.
  3. Eine starke Koalition, die sich für die Umwidmung von Subventionen in andere Bereiche einsetzt, stärkt den Gesellschaftsvertrag.
  4. Die Präferenzen der Bürger*innen müssen bei der Gestaltung von Entschädigungen berücksichtigt werden.
  5. Die Regierung sollte die freigesetzten Mittel gezielt einsetzen, z.B. für den Umstieg auf Elektrofahrzeuge, die Ausweitung des „Klimagelds“ oder die Finanzierung militärischer Ausgaben.

Eine Chance, voranzugehen

Die Abschaffung von Subventionen würde Deutschlands Klimaschutzengagement stärken, Mittel für innenpolitische Maßnahmen freisetzen, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringern und das Vertrauen in die Regierung fördern. Eine Koalition aus CDU, CSU und SPD könnte diesen Wandel vorantreiben, da sie zentrale Wähler*innengruppen vertritt. Die CDU trat mit dem Versprechen an, das „Klimageld“ als Ausgleichsmaßnahme für steigende Kraftstoffpreise auszuweiten. Der Subventionsabbau bietet die Möglichkeit, diese Leistung als Teil eines erneuerten Gesellschaftsvertrags auszuweiten.

Eine erfolgreiche Neuverhandlung des deutschen Gesellschaftsvertrags für diese weitreichende Reform würde unterstreichen, dass die neue Regierung unterschiedliche Perspektiven integrieren und auf die Anliegen der Bürger*innen eingehen kann. Alle Koalitionspartner unterstützen die Energiewende und streben Klimaneutralität an, unterscheiden sich jedoch in zentralen Details eines potenziell erneuerten Gesellschaftsvertrags. Eine gut durchgeführte Neuverhandlung könnte ihre politischen Ziele in Einklang bringen und Vertrauen für zukünftige Vorhaben schaffen.

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