Analysen und Stellungnahmen

Zwischen Protektionismus, Armutsorientierung und Markteffizienz: Die Reform der EU-Zuckermarktordnung

Brüntrup, Michael
Analysen und Stellungnahmen (8/2005)

Bonn: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

Die anstehende Reform der europäischen Zuckermarktordnung, die bisher von der allgemeinen Umstrukturierung der europäischen Agrarpolitik ausgenommen war, ist ein bedeutender Baustein zur Liberalisierung der internationalen Agrarmärkte. Sie wird erhebliche Auswirkungen auf Entwicklungsländer haben. Der von der EU-Kommission im Juni 2005 vorgelegte Reformvorschlag ist allerdings nicht so radikal wie oft dargestellt: Er zielt insbesondere auf den Abbau von subventionierten Exporten durch Reduktion der administrativen Preise. Einige andere wesentliche Elemente der bestehenden Marktordnung bleiben hingegen erhalten, so die Quotierung der Produktion und der beschränkten Marktzugang. Ohne Außenschutz dürfte nur ein geringer Teil der EU-Zuckerproduktion überlebensfähig sein, der EU-Zuckerbedarf würde hauptsächlich von großen wettbewerbsfähigen Entwicklungsländern gedeckt werden. Schon aus diesem Grund wird der Reformdruck auf den EU-Zuckersektor langfristig anhalten. Alternative Reformvorschläge, die Preise auf hohem Niveau zu belassen und Produktion und Importe über Quoten zu steuern, sind daher kritisch zu sehen. Sie versprechen bestimmten Entwicklungsländern zwar kurzfristige Gewinne, aber der Anreiz zum Aufbau ineffizienter und langfristig wirtschaftlich nicht nachhaltiger Produktionsstrukturen wäre sehr groß. Spätere Krisen wären mit hohen wirtschaftlichen und sozialen Kosten verbunden. Allerdings führt auch der jetzige Reformvorschlag nicht nur zu Gewinnern unter den Entwicklungsländern. Durch den Preisrückgang verlieren diejenigen, die präferenziellen Zugang zum EU-Markt haben, teilweise erheblich an Exporten bzw. Exportmöglichkeiten. Darunter sich auch besonders arme Länder, die kaum Produktions- und Exportalternativen haben. Für diese Verlierer muss Kompensation geschaffen werden, einmal um negative Auswirkungen zu dämpfen, aber auch um den Eindruck zu vermeiden, dass Agrarliberalisierung zur Verschärfung von Armut beiträgt. Die Mittel für Kompensationen sollten von der EU aufgebracht werden.

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