Analysen und Stellungnahmen
Gemeinschaftliche Budgethilfe: Geberkoordinierung als zentrale Herausforderung
Faust, Jörg / Svea Koch / Stefan LeidererAnalysen und Stellungnahmen (19/2011)
Bonn: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)
Gemeinschaftliche Budgethilfe (Multi-Donor Budget Support – MDBS) geht auf die Kritik am traditionellen Projektansatz in der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) zurück und soll dessen Schwächen unter anderem durch die Beseitigung paralleler Durchführungs- und Entscheidungsstrukturen überwinden. MDBS wird gemeinhin als Finanzierungsinstrument verstanden, aber auch als Instrument, mit dem sich eine effektivere Verwaltung und – langfristig – demokratische Rechenschaftspflicht fördern lassen.
Als Finanzierungsinstrument soll Budgethilfe für vorhersehbare Mittelzuflüsse in den allgemeinen Haushalt des Empfängerlandes sorgen. Gleichzeitig verfolgen MDBSGeber das Ziel, staatliche Kernkompetenzen durch nicht finanzielle Beiträge (Konditionalitäten, Politikdialog und gezielten Kapazitätsaufbau) aktiv zu stärken. Das Zusammenspiel finanzieller und nicht finanzieller Beiträge kann jedoch nur dann wirkungsvoll sein, wenn diese auf die Programme und Schwerpunkte der Partnerländer ausgerichtet (aligned) und innerhalb der Gebergemeinschaft sorgfältig abgestimmt werden. Dies gilt besonders für Empfängerländer mit geringer Verwaltungskapazität, hoher Abhängigkeit von EZ und einem inkohärenten Staatsapparat. In einem solchen Umfeld müssen Geber diese bestehenden Defizite durch besondere Eigenanstrengungen für Harmonisierung und Partnerausrichtung ausgleichen. Die Interventionslogik von MDBS sieht diese Harmonisierung von Geberverfahren und Ausrichtung auf Partnersysteme im Prinzip vor. Für die Wirksamkeit von
MDBS ist die gemeinschaftliche Finanzierung jedoch nicht hinreichend, vor allem da kein Konsens unter den Gebern besteht, inwieweit MDBS mit politischen Konditionalitäten verknüpft werden sollte. Diese können indes allenfalls dann Wirkung entfalten, wenn sie kohärent, transparent und vor allem glaubwürdig sind. Das setzt (neben dem Reformwillen der Empfänger) ein gut harmonisiertes und koordiniertes Vorgehen der Geber voraus. Daran fehlt es jedoch noch, da die Geber uneins sind im Hinblick auf die Gewichtung der verschiedenen strategischen Ziele von MDBS: Während einige (vor allem multilaterale) Geber die Finanzierungsfunktion im Vordergrund sehen, betonen andere das Ziel einer Stärkung von Institutionen und der Verbesserung der Regierungsführung. Bisher konnten sich die Geber nicht auf eine Zielhierarchie in diesem potenziellen Konflikt einigen. Dies wiederum behindert kohärente Anreizsysteme, ohne die längerfristige Governance-Ziele unerreichbar bleiben.
Die bestehende Uneinigkeit resultiert aus unterschiedlichen Anforderungen der Geberadministrationen, die ihrerseits Folge innenpolitischer Prozesse in den Geberländern
sind. Der Konsens über die Ziele von MDBS und eine entsprechende gemeinsame Interventionslogik müssen daher primär in den Geberzentralen gefunden werden. Gleichzeitig müssen die eigentlichen Entscheidungen an die Länderbüros delegiert werden, um eine wirksame Koordinierung und Harmonisierung vor Ort zu ermöglichen.
Aufgrund der dominanten Rolle europäischer Geber im MDBS sollte diese Konsensbildung ein Schwerpunkt der laufenden Koordinierungsbemühungen von EU-Mitgliedstaaten und Europäischer Kommission sein.
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