Analysen und Stellungnahmen

Demokratieförderung im Zeitalter Sozialer Medien: Risiken und Chancen

Breuer, Anita
Analysen und Stellungnahmen (14/2011)

Bonn: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

Soziale Digitale Medien (SDM) und ihr potentieller Beitrag zur Demokratieförderung werden in Wissenschaft und Politik zunehmend kontrovers diskutiert. Die wichtige Rolle sozialer Medien in den jüngsten Aufständen in Nordafrika und Nahost, prägte das Schlagwort von der „Social Media Revolution“. Kritiker warnen jedoch, einige westliche Politiker seien von einer „Cyber-Utopie“ geblendet, die das Internet für als von Natur aus prodemokratisch erachtet. Die undifferenzierte Forderung nach „mehr Internet-Freiheit“ die hieraus resultiert, birgt Gefahren. Vielmehr gilt es zu hinterfragen, wie Demokratieförderungsprogramme in einem gegebenen Land durch SDM konstruktiv begleitet werden können, um darauf aufbauend strategische Entscheidungen aufzubauen. Jede seriöse Debatte um den Einsatz von SDM im Rahmen der unterschiedlicher Typen von SDM je nach politischem Kontext unterschiedliche Chancen und Risiken birgt.

  • In geschlossenen Gesellschaften, in denen durch die Verbreitung unterdrückter Informationen ein rhetorischer Raum jenseits staatlicher Kontrollen geschaffen werden kann, sollte der Fokus auf der Umgehung von Zensur und der Erleichterung des Zugangs zu jenen Typen von SDM liegen, die hochwertige Inhalte generieren, besonders Blogs und Gemeinschaftsprojekte.

  • Wo die Zivilgesellschaft mobilisiert werden muss, um schlechter Regierungsführung oder Reformaversion entgegenzutreten, sollten soziale Netzwerke und Content Communities im Mittelpunkt stehen.


In jedem Fall müssen digitale Aktivisten in der sicheren Nutzung solcher Plattformen geschult werden, um sich vor staatlicher Überwachung und Verfolgung schützen zu können.

Erfahrungsgemäß sind die Erfolgsaussichten von Programmen der Medienzusammenarbeit im Bereich der sozialen Medien größer, wenn sie einen themenorientierten und länderspezifischen Ansatz verfolgen. Nichtstaatliche, lokalen Akteuren nahestehende Geber sind eher in der Lage als staatliche Geberorganisationen, Programme zu entwickeln, die an die Strukturen bestehender Netzwerke anknüpfen und durch diese legitimiert werden.

Direkte staatliche Maßnahmen zur Förderung von Internet-Freiheit sollten binnen-orientiert sein. Viele Instrumente, die von autoritären Regierungen zur Aufspürung und Unterdrückung digitalen Dissenses genutzt werden, werden von europäischen oder US-amerikanischen Firmen entwickelt und vertrieben. Exportbeschränkungen für Zensur- und Filtersoftware sollten daher nicht als zu vermeidende Behinderung der Wirtschaft, sondern als wichtige Investition in Demokratieförderung betrachtet werden. Um Unternehmen davon zu überzeugen, den Schutz von Nutzerdaten als Bestandteil ihrer Unternehmenspolitik zu erachten, bedarf es geeigneter politischer Anreize. Dass Anbieter von Social-Media-Diensten ihre Profite auf Kosten der Privatsphäre ihrer Nutzer maximieren, ist kein Naturgesetz.

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