Ägypten nach dem Arabischen Frühling – Zurück in die Vergangenheit?

Veranstaltungsart
Außenpolitik live – Diplomaten im Dialog

Ort / Datum
Bonn, 18.06.2014

Veranstalter

Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), ifa - Institut für Auslandsbeziehungen e.V. & Auswärtiges Amt

Seit Ausbruch des Arabischen Frühlings – damals als historische Zäsur weltweit gefeiert – haben sich die Ereignisse in Ägypten überschlagen. Auf die Inhaftierung Präsident Mubaraks folgten freie Wahlen, aus denen die Muslimbrüder als Sieger hervorgingen. Nachdem die Proteste gegen Präsidenten Mohammed Mursi und seine religiös motivierte Klientelpolitik nicht abrissen, stürzte ihn das Militär im Sommer 2013 und übernahm vorübergehend die Macht. Die Muslimbruderschaft wurde verboten, seine Mitglieder und Anhänger werden seither politisch verfolgt. Eine Versöhnung der unterschiedlichen Fronten scheint in weite Ferne gerückt.

Drei Jahre nach Beginn des Arabischen Frühlings drängen sich Fragen auf: Wo steht Ägypten heute? Ist der Staat auf dem Weg zurück zu vorrevolutionären Zeiten? Wie kann der gesellschaftliche Graben überwunden werden? Und wie engagiert sich Deutschland in Ägypten?

Zu diesen und weiteren Fragen gaben Michael Bock, der deutsche Botschafter in Ägypten von 2009 bis Mitte 2014, seine Einschätzungen vor rund 100 interessierte Gäste ab. „Es wird kein Zurück in die Vergangenheit geben!“, so lautete die Einschätzung von Botschafter Bock. Damit ist gemeint, dass sich Ägypten politisch wohn nicht wieder zu Mubaraks Regierungszeit, also einer Autokratie, zurückentwickeln wird. Die heutige Zeit sei grundlegend schwieriger als jene zu Mubaraks Herrschaft, so Bock. Die politische Situation sei derzeit nicht gefestigt und die Gesellschaft habe andere Erwartungen an die Regierung. Für die Wirkung der Demonstrationen sei jedoch entscheidend gewesen, dass das Militär die Demonstranten auf dem Tahrir- Platz hat gewähren lassen.

Die politische Regierungszeit Mursis beschreibt Botschafter Bock als eine Phase der politischen Starre, da die Minister sich unter anderem aus Furcht vor den verschiedenen ägyptischen Geheimdiensten vor bedeutenden Entscheidungen gedrückt hätten. Die heutige Gesamtlage Ägyptens sei geprägt von einer kränkelnden Wirtschaft, die vor allem unter dem Zusammenbruch des Tourismussektors leidet, und eine starke gesellschaftliche Polarisierung. Dennoch blickt Bock optimistisch in die Zukunft des Landes, solange wichtige Herausforderungen angegangen werden. Dazu zählen vor allem die Inklusion aller Bevölkerungsgruppen in die Politik, aber auch das Aufbrechen feudaler Wirtschaftsstrukturen, der Subventionsabbau und Investitionen in das Bildungssystem des Landes.

In der sich anschließenden Podiumsdiskussion mit Michael Bock, Markus Loewe (DIE) und Matthias Ruchser (DIE) wurde darauf hingewiesen, wie wichtig eine Diversifikation der ägyptischen Wirtschaft ist, die noch zu einem großen Teil auf fossiler Energie beruht. Dazu sollten die derzeitigen Subventionen abgeschafft und durch ein Sozialhilfesystem ausgeglichen werden. „Die Subventionen verhindern, dass das Kapital in neue Wirtschaftssektoren fließt!“, so Loewe. Das Podium war sich einig, dass es für Ägypten noch ein langer Weg ist bis sich Wirtschaft und Politik stabilisiert haben, die Chancen jedoch gut stehen, dass das Land sich langfristig in diese Richtung entwickeln wird.

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Veranstaltungsinformation

Datum

18.06.2014

Fotos der Veranstaltung

Interview

Botschafter Michael Bock im Gespräch mit der Deutschen Welle (DW).

Pressemitteilung

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Special

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"Nach dem arabischen Frühling"

Publikation

Which factors determine the upgrading of small and medium-sized enterprises (SMEs)? The case of Egypt

Loewe, Markus et al. (2013)
Studies 76